1. Kumiho Na-Ri 03


    Datum: 25.03.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie,

    ... als Frau zu, sich einen Dolch in den Hals zu stoßen, statt sich, wie bei den Männern, den Bauch aufzuschlitzen.
    
    Sie versuchte Mut für das absolut Unausweichliche zu sammeln. Nicht einmal Zeugen hatte sie zu ihrem Selbstmord eingeladen, denn der Oberbefehlshaber hatte für die Dauer des Feldzuges Seppuku unter seinen ausdrücklichen Zustimmungsvorbehalt gestellt, sofern kein Lehensherr dazwischen stand. Damit wurde sie sogar zusätzlich ungehorsam und hatte den Tod verdient.
    
    Tief ein- und ausatmend lauschte sie auf das Konzert der Vögel, welche den Spätfrühling besangen. Die Kirschblüte war zu Teikos Bedauern schon lange vorbei. Es wäre schön gewesen, inmitten fallender Kirschblüten diese Welt zu verlassen. Endlich beugte sie sich vor, ergriff ihr Kurzschwert mit beiden Händen und zog die Klinge langsam aus der Scheide.
    
    „Ah, hier seid ihr also, Dame Akera! - Oh!", rief eine erstaunte Stimme von hinten.
    
    Teiko sah sich nicht um, sie hatte die Stimme des Priesters Ichimaru erkannt. Warum musste er ausgerechnet in diesem Moment stören und ihr den perfekten Abschied verderben?
    
    Nun trat er auch noch in die Sonne, sodass sein Schatten auf sie fiel.
    
    „Dame Akera, ich bin froh, euch noch rechtzeitig zu erreichen. Ich hatte mir schon gedacht, dass ihr auf diese Weise wieder eure Ehre herzustellen versucht. Ich werde euch auch keineswegs grundsätzlich davon abhalten, doch hört mich vorher noch an!"
    
    Teiko hielt das Schwert noch immer halb gezogen vor sich. Sollte sie es ...
    ... sich jetzt ganz schnell in den Hals stoßen? Jetzt, wo sie endlich den Mut gefasst hatte, es zu tun? Ihre Hände begannen zu zittern.
    
    Langsam drückte die Hand des Priesters ihre linke Hand mit der Schwertscheide hinunter und er hockte sich schräg vor sie hin. Sonne beschien wieder ihr bleich gewordenes Gesicht und die Anspannung verließ sie. Kraftlos sackte sie zusammen und senkte beschämt ihren Kopf. „Warum, Ichimaru? Warum musstet ihr mich jetzt stören?"
    
    „Zum einen, weil es euch nicht zusteht, ohne ausdrückliche Erlaubnis des Daimyos Seppuku zu begehen. Aber auch, weil ihr eure Ehre so nicht wiederherstellen könnt. Noch nicht! Außerdem verabscheut unser Glaube das Seppuku. Ihr befleckt eure Seele!"
    
    Teiko schwieg. Was sollte sie auch darauf antworten? Dass sie Angst hatte, alleine als Ronin loszuziehen, ohne Aussicht auf Erfolg eine übermächtige Dämonin zu jagen? Denn nichts anderes war die Alternative. Und am Ende stand doch die Pflicht, den Namen ihrer Familie wieder rein zu waschen.
    
    Kazuki Ichimaru ahnte, was in dieser Frau vor sich ging. Er empfand Mitleid mit ihr, denn auch sie war Opfer dieses Dämons. Doch nun ging es nicht nur gegen einen, sondern sogar gegen zwei mächtige Kumihos. Er konnte nicht auf sie verzichten. Im Grunde hatten sie alle noch Glück gehabt, dass sie die vorletzte Nacht überlebt hatten. Und wehe es gelang dem Koreaner, den ersten Dämon wiederzubeleben. Es waren Elementardämonen, und wozu sie fähig waren, bewies die Stadt nur allzu gut. Ein ...
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