1. Kometenhaft 28


    Datum: 25.07.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie,

    ... Andrea das verneinte, sollten wir dann heute aufs Revier kommen, wenn wir Anzeige erstatten wollten. Also schmiedeten wir Pläne, wann wir hingehen, was wir sagen, welchen Anwalt wir nehmen und so weiter. Wir waren so damit beschäftigt, dass wir nicht Mal merkten, dass Mareike plötzlich in der Tür stand und uns zuhörte.
    
    "NEIN!" war ihr konsequenter Einspruch zu all unseren Plänen. "Nein, mit meinem alten Leben ist jetzt endgültig Schluss! Sie wollen nicht mehr meine Eltern sein, ich will nicht mehr deren Tochter sein. Ich will sie nie wieder sehen, auch nicht auf der Anklagebank vor Gericht!". Jeder Versuch von Andrea und Vanessa, sie umzustimmen, war vergebens und wurde schließlich abgeschmettert durch die Tatsache, dass nur Mareike ihren Vater wegen Körperverletzung anklagen konnte und ohne ihre Unterschrift gibt es keine Anklage. Die Diskussion war beendet.
    
    Allerdings wollte sie so schnell wie möglich zu "irgendeiner" Bank. Sie erklärte, dass sie einiges über die Jahre beiseite gelegt habe, aber ihre Eltern seien bevollmächtigt. Sie fürchtete, dass ihr Vater ihr das auch wegnehmen könnte, wenn sie es nicht schnell sicherte.
    
    Also verbrachten wir (sie bestand darauf, dass Vanessa und ich auch mitkommen) den Nachmittag auf der nächsten Bank. Formulare ausfüllen, Konten eröffnen, Formulare ausfüllen, Anträge stellen, Formulare ausfüllen und Gelder übertragen. Hatte ich schon "Formulare ausfüllen" erwähnt? Zum Glück musste Mareike die Schreibarbeit ganz alleine ...
    ... übernehmen, aber schon das Zusehen war nervig. Ein paar Stunden später war alles bei Mareikes neuer Bank in Sicherheit und ihre alten Bankverbindungen alle gekündigt. Endlich sah ich wieder ein erleichtertes Lächeln auf ihren Lippen.
    
    "Ich möchte das feiern! Ich lade euch zu 'ner Pizza ein. Keine Widerrede!", befahl sie danach. Mir war es gerade recht, der Geschmack des Krankenhaus-Frühstücks schien mir noch immer im Mund zu hängen, eine Pizza konnte das aber bestimmt ändern. "OK, ich zahle die Getränke!", bestimmte ich und gerade als Mareike ansetzen wollte, ergänzte ich: "Keine Widerrede.". Endlich konnten wir auch alle wieder lachen.
    
    Aber etwas stimmte noch immer nicht mit Mareike. Immer wieder starrte sie traurig in die Leere und manchmal sah man auch, wie ihre Augen feucht wurden. Vanessa fragte sie sanft, was los sei, und sie schüttete schließlich ihr ganzes Herz aus. Sie erzählte, wie sie aufwuchs, in einem strengen Elternhaus, in dem Liebe und Sexualität nie erwähnt werden durften. Mit ihrer Mutter, die ihr schon früh eintrichterte, dass Frauen gefälligst ihre Reize zu verhüllen hätten und bis zur Ehe alle keusch bleiben sollten. Ihr Vater, der kaum einen Fehler zuließ, ohne sofort eine Strafe zu verhängen. Sie waren nicht religiös, im Gegenteil. Ihre Eltern waren aus der Kirche ausgetreten, weil die Pfarrer nicht "züchtig" genug lebten und zu viel Liebe predigten.
    
    Im Laufe der Zeit hatten sie ihre eigene Ethik entwickelt. Und die drehte sich meist darum, dass sie ...