Anja und Daniel
Datum: 06.08.2020,
Kategorien:
CMNF
Anja lief mit bloßen Füßen über das weiche Gras im Tal von Alsingen. Sie trug ihr blauweißes Callicokleid. Das rote Haar hatte sie zu Zöpfen geflochten und sie trug Indianerschmuck. Die Westernreiter von Alsingen hatten zum Westernfest eingeladen und alle, die Zeit hatten, waren der Einladung gefolgt. Auf der Wiese bei der Pferdekoppel standen Indianertipis. Beim Saloon tummelten sich Indianer, Trapper, Cowboys und Südstaatensoldaten. Anja war mit ihrem Bruder Daniel gekommen, der wie ein Trapper gekleidet war. Daniel war mit seinen zweiundzwanzig Jahren drei Jahre älter als Anja. Sie betrachtete ihn, wie er mit einigen Freunden an der Außen-Bar des Saloons stand. Daniel war groß und schlank. Er hatte Muskeln, aber er sah nicht aus wie Rambo. Daniel sah gut aus, fand Anja. Im Gegensatz zu ihr hatte er das rabenschwarze Haar ihrer Mutter geerbt, während Anjas Rot aus der Familie des Vaters stammte. Viele in Vaters Familie waren backsteinblond.
Als sie an der Bar vorbeikam, winkte Daniel: „Na? Wieder ohne Mokassins unterwegs? Pass auf, dass du nicht auf einen Pferdeapfel trittst, Schwesterherz." Sein Lächeln ließ ihr Herz schneller schlagen.
„Ich pass auf", gab sie zur Antwort. Sie ging zum hohen Koppelzaun.
Anja lief für ihr Leben gerne barfuß. Sie liebte es, den natürlichen Untergrund unter den nackten Sohlen zu spüren. Wann immer sie beim Westernverein war, nutzte sie die Gelegenheit, bei schönem Wetter die Mokassins auszuziehen und barfuß zu gehen. Auch zuhause ...
... trug sie so gut wie nie Schuhe.
Sie hatte nichts am Leib außer dem luftigen Callicokleid. Untendrunter war sie blank; das war ihr kleines Geheimnis. Sie ging gerne mal unten ohne und hier beim Westerverein würde niemand merken, dass sie das luftige Gefühl im Schritt genoss. Das Kleid war lang genug, um ihr pikantes Geheimnis zu wahren. Anja stellte sich in Gedanken vor, sich einem Mann mit leicht gegrätschten Beinen aufs Bein zu setzen, wenn der auf einer Bank am Saloon saß. Dabei hatte sie einen ganz bestimmten jungen Mann im Sinn. Die Vorstellung trieb ihr das Blut in die Wangen.
Beim hohen Koppelzaun blieb sie stehen. Dieser „Zaun" war genauso gebaut wie alle Koppeleinfriedungen im Tal: In regelmäßigen Abständen waren fünfzehn Zentimeter dicke Rundhölzer in den Boden gerammt und oben und auf halber Höhe gab es Rundhölzer von gleicher Dicke, die waagrecht angebracht waren. Die „hohe Koppel" unterschied sich jedoch von den anderen Pferdekoppeln. Die anderen waren nicht so hoch gebaut. Man konnte sich davor stellen und die Arme darauf legen, wenn man den Pferden zusehen wollte. Bei der hohen Koppel ging das nicht. Hier war der Holzbalkenzaun so hoch, dass die oberen Rundhölzer nur mit ausgestreckten Armen zu greifen waren. Wenn man sich darauf lehnen wollte, musste man auf die unteren Querhölzer steigen. Der Grund für diese außergewöhnlich hohe Koppeleinfriedung war Brutus, das Pferd des Vereinsvorsitzenden der Alsinger Westernreiter. Es war ein ehemaliges Springpferd und ...