1. Aurelies fabelhafte Welt


    Datum: 22.08.2020, Kategorien: Transen

    ... Aurelie zuvorkam und fragte: »Was wolltest du vorhin sagen?«
    
    »Wenn du mich zu Wort kommen lässt«, lachte Leon.
    
    »Du kannst frei reden, tu dir keinen Zwang an«, schnitt ihm Aurelie das Wort erneut ab.
    
    »Ich würde gerne unter vier Augen mit dir reden«, sagte Leon mit aufrichtiger Mimik.
    
    »Kein Problem«, sagte Diana. Nach kurzem Blickkontakt mit Aurelie trat sie vom Stehtisch zurück und sagte: »Du gehst nicht, ohne dich bei mir zu verabschieden.«
    
    »Klar«, versprach Aurelie, dann schaute sie dem Wolf in die Augen. Er studierte ihr Gesicht für mehrere Atemzüge und nickte.
    
    »Wenn du lächelst, erkenne ich dich an den Mundwinkeln.«
    
    Leon schwieg nochmals und schüttelte den Kopf: »Dass sich ein Mensch so verändern kann?«
    
    »Ich habe hart daran gearbeitet«, sagte Aurelie.
    
    »Du warst auf einmal verschwunden«, grübelte Leon, »Das war ...«
    
    »... in der fünften Klasse«, half sie ihm auf die Sprünge.
    
    »Stimmt. Kein Lehrer hat es uns erklärt. Sie haben nur gesagt, dass du die Schule verlassen hast.«
    
    »Es ging nicht mehr«, sagte Aurelie, schaute ihn an und fragte: »Hast du jemals vor Angst so gezittert, dass du einen Löffel mit Müsli nicht ohne zu Kleckern zum Mund führen konntest?«
    
    Leon schüttelte den Kopf.
    
    »Mir ging es fast jeden Morgen so, vor der Schule. Aber damit hätte ich vielleicht noch eine Weile leben können.«
    
    »Was hat dir den Rest gegeben?«
    
    Aurelie schüttelte den Kopf: »Lass es gut sein Leon. Das ist vierzehn Jahre her und ich habe meinen Weg ...
    ... gefunden.«
    
    Leon stütze sich breitschultrig auf dem Stehtisch ab und wirkte betroffen. Selbst mit diesem schuldbewussten Blick lag noch Kraft in seinen grau-blauen Wolfs-Augen -- ein Alpha-Männchen. Er konnte sich sicher nicht über mangelndes Interesse bei Frauen beschweren, dachte sich Aurelie.
    
    »Ich müsste mich bei dir und den anderen bedanken«, sinnierte Aurelie, »ihr habt mir die Hölle gezeigt und ich habe es überlebt.«
    
    »Wir hatten keinen Plan«, sagte Leon und hob die Hände beschwichtigend, »Ich weiß heute wie scheiße das war, aber oft hast du geradezu danach gebettelt.«
    
    »Wann denn?«, fragte Aurelie.
    
    »Du hattest Angst vor dem Fußball.«
    
    »Weil ich nicht schmutzig werden wollte.«
    
    »Und das machte dich als Ziel interessanter als jedes Tor.«
    
    »Indem mich zwei Jungs festhalten und der Rest abwechselnd aus nächster Nähe auf mich schießt! Mit einem Ball, den ihr vorher in Hundescheiße gedrückt habt!«, sagte Aurelie aufgebracht und verschränkte ihre Hände unter den Brüsten.
    
    »Stopp«, sagte Leon und es war ihm anzusehen, dass er diesen Gesprächsverlauf nicht angestrebt hatte.
    
    »Was, Stopp?«, fragte Aurelie. Sie spürte, wie ihr die Situation entglitt, »Ich wollte gar nicht hier her und jetzt weiß ich wieder warum.«
    
    Während sie loslief, sagte sie: »Es ist nicht nur wegen dir. Die plärrende Musik und diese oberflächliche Bierseligkeit finde ich zum Kotzen!«
    
    Ihre Ansage erregte die Aufmerksamkeit einiger Teenager, die an einem Fahrgeschäft herumlungerten. ...
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