1. Die See-Bestattung


    Datum: 24.11.2020, Kategorien: Verführung

    ... Asche innerhalb einer Stunde im Wasser vollständig auflöst." Früher hätte man auch Kränze mit Kranzschleifen ins Wasser geworfen, die ein paar Tage später am Timmendorfer Strand oder in Scharbeutz angespült wurden. Da haben sich natürlich die Gäste, vor allem die Kinder, beschwert. Daraufhin haben die Kurdirektoren Druck auf die See-Bestatter für Bio gemacht. Die ganze See-Bestattung dauere je nach Wetterlage 90-120 Minuten. Wir gingen noch lange schweigend nebeneinander her. Inzwischen hatten sich unsere Finger spielerisch miteinander verbunden, mein Daumen streichelte ihren dabei und nach einer Weile streichelte sie auch meinen Daumen, was ich wunderbar fand. Ich sagte ihr noch, daß man bei der See-Bestattung tatsächlich so etwas wie einen wirklichen Schlußstrich ziehen könne. "Wenn beispielsweise die Urne von einem ungeliebten Mann im Wasser verschwindet, ist das ein anderes Gefühl, als wenn man auf dem Friedhof neben einem Grab sitzt und mit einem Toten spricht." "Ich möchte wirklich einen Schlußstrich ziehen und nach vorn schauen, das kannst Du mir glauben. Wie rasch kann das mit der See-Bestattung gehen?" "Die Asche bekomme ich noch in dieser Woche, dann könnte ich mich um einen schnellen Termin in Travemünde kümmern. Heute bekommen die Angehörigen ja noch die wertvollen Reste aus der Asche gesiebt: Titan-Knie-Gelenke, Herz-Schrittmacher, Zahngold etc. Da hat es mal vor ein paar Jahren einen bösen Skandal gegeben, als herauskam, daß sich einige Krematoriums-Mitarbeiter ...
    ... am Zahngold der Toten bereichert hatten. Seitdem ist immer ein vereidigter Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung dabei." "Was es alles gibt." Als wir am Friedhof vorbeikamen, fragte ich sie, ob sie sich traue, mit mir jetzt mal dorthin zu gehen? Stichwort Trockenübung Brüderschaft, sie kicherte dabei wieder ein wenig nervös. "In Begleitung eines starken Mannes immer, wenn Du artig bist und mich beschützt." Ich führte sie zunächst zum Grab meiner Frau und wir standen eine ganze Weile schweigend davor. Als wir dann anschließend an der kleinen Kapelle vorübergingen, lösten wir unabsichtlich einen Bewegungsmelder aus und zwei Scheinwerfer gingen plötzlich an. Der Vorplatz war taghell erleuchtet. "Wohl wegen der Tiere, die nachts gern hierher kommen. Gerade bei frischen Gräbern mit den vielen Kränzen finden Wildschweine, Hasen und Rehe hier einen gedeckten Tisch vor. Denn manche Besucher schließen beim Heimweg die Pforte nicht ordentlich zu. Komm, laß uns rüber zur Senke gehen, wo es keine Scheinwerfer gibt. Hier auf dem Präsentierteller kann uns ja jeder sehen." Als wir im dunklen Teil des Friedhofes angelangt waren, ließ ich ihre Hand los und wir blieben stehen und schauten uns an. Wir hakten uns über Kreuz unter und taten so, als würden wir aus Gläsern trinken. Sie schloß die Augen und spitzte die Lippen. Als ich sie ganz vorsichtig und scheu küßte, öffnete sie sofort ihren Mund. Ich widerstand der Versuchung, mit meiner Zunge ihren Mund zu erforschen, sondern ich berührte ganz ...
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