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Die Roboterin
Datum: 31.12.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie,
Michael riß ungeduldig das Klebeband von der mannshohen Plastikschachtel und öffnete den Deckel. Er konnte es kaum erwarten, seinen neuen Haushaltsroboter auszuprobieren. Das Gerät hatte eine Stange Geld gekostet, aber für ein Qualitätsprodukt war es ihm das wert. Als er es nun ausgepackt hatte, übertraf der Anblick noch seine Erwartungen. Der Roboter hatte die Gestalt einer jungen Frau, und zwar einer ziemlich attraktiven mit kurzem dunkelbraunem Haar und aparten Gesichtszügen. Kein Wunder, dachte er, daß sich manche so ein Ding als Sexspielzeug zulegen. Er hatte zwar keineswegs die Absicht, seinen Roboter zu diesem Zweck zu mißbrauchen, aber das ansprechende Äußere war durchaus ein Grund gewesen, sich für dieses Modell zu entscheiden. Er beugte sich vor, um den Einschaltknopf im Nacken zu ertasten, und betätigte ihn. Als die Maschine daraufhin die Augen aufschlug und mit einer mechanisch klingenden Stimme "Wird hochgefahren" sagte, fuhr er unwillkürlich zurück. Nach etwa einer halben Minute ertönte die Meldung "Betriebsbereit". Der Roboter richtete den zuvor starren Blick aus großen braunen Augen auf Michael und setzte in einem unerwartet warmen und menschlichen Tonfall hinzu: "Guten Tag." - "Äh, guten Tag", antwortete er. Plötzlich war er etwas unsicher. Wie sprach man mit einer Maschine? Er wußte ja nicht einmal recht, wie er mit einem Hund sprechen sollte. Der Roboter half ihm aus seiner Verlegenheit, indem er fortfuhr: "Möchten Sie mir einen Namen geben?" ...
... - "Ja, das möchte ich. Du wirst Susan heißen." - "Das ist ein schöner Name. Danke sehr. Ich bin Susan. Und Sie sind mein Besitzer. Wie darf ich Sie ansprechen?" "Nenn mich doch einfach Michael, und sag ruhig du zu mir." - "Sehr gerne, Michael. Ich freue mich, daß du mich gekauft hast." - "Ich freue mich auch. Kannst du aufstehen?" - "Natürlich." Susan erhob sich überraschend grazil. Sie trug ein knielanges gelbes Kleid; in der Schachtel befand sich noch ein zweites gleich geschnittenes zum Wechseln, dieses in Blau. "Möchtest du, daß ich gleich mit der Arbeit beginne? Ich kann putzen, kochen, Wäsche waschen, bügeln und selbständig einkaufen. Außerdem bin ich darauf programmiert, dir angenehme Gesellschaft zu leisten und Gespräche zu führen." - "Wie wäre es, wenn du mir erst einmal einen Kaffee machst? Danach kannst du etwas aufräumen." - "Natürlich, sehr gerne." Michael führte sie in die Küche und beobachtete, wie sie die Kaffeemaschine in Betrieb nahm. Sie erwies sich als äußerst geschickt, ihre fließenden Bewegungen wirkten fast völlig menschlich. Wirklich ein beeindruckendes Stück Technik, gratulierte er sich selbst zu seiner Anschaffung. Bis zum Abend hatte sie die gesamte Wohnung sorgfältig geputzt. Es war so sauber, daß Michael seine Junggesellenbude kaum noch wiedererkannte. Dazu hatte sie ihm ein hervorragendes Roastbeef gekocht. Während er sich auf der Couch niederließ, um im Fernsehen einen Krimi anzusehen, hatte Susan die Teller in den Geschirrspüler ...