1. Das Koma


    Datum: 02.01.2021, Kategorien: Romantisch

    ... mir sehr leid für Sie und Ihre Familie."
    
    Ich seufze und schaue wieder aus dem Fenster.
    
    Plötzlich spüre ich etwas Feuchtes an meinem Hals und drehe mich um.
    
    Die junge Frau steht über mir und ihr laufen die Tränen herunter.
    
    "Hey", sage ich traurig.
    
    Sie kommt zu mir herunter und dann weinen wir beide gemeinsam für eine ganze Weile. Sie hat irgendwann zwischendurch aufgehört und hält mich einfach nur fest.
    
    Sie setzt sich auf den Bettrand und wir schauen gemeinsam aus dem Fenster. Die Schwester hat ihre Hand auf meine gelegt und versucht, mir Kraft zu schenken.
    
    Ab und zu schaue ich sie an und habe das Gefühl, dass ich ihr auch Halt gebe.
    
    Sie ist um die 18 Jahre alt, hat ein niedliches Gesicht, braune, halblange Haare und eine schöne Figur, nicht ein Stück Knochen.
    
    Schwester Melanie ist vermutlich mit der Situation genauso überfordert wie ich gerade.
    
    Ich weiß nicht, wie lange wir hier gesessen haben, aber auf einmal hören wir eine durch die Tür gedämpft klingende Diskussion. Vor der Tür zu meinem Zimmer verstummen die Wörter und ich höre ein Klopfen und die Tür geht auf.
    
    Schwester Melanie springt auf und dreht sich schnell um. Vermutlich ist es nicht gestattet, so nahe bei den Patienten zu sitzen.
    
    Ich drehe mich zur Tür und sehe zwei Frauen den Raum betreten.
    
    Plötzlich rennt die junge Frau los und wirft sich der einen Frau in den Arm: "Mama", schluchzt sie auf. Die beiden verlassen den Raum.
    
    Schwester Erika seufzt und kommt zu mir: "Es tut ...
    ... mir leid. Diesmal bin ich ins Fettnäpfchen getreten."
    
    Ich schaue sie irritiert an: "Na ja, wegen der Sozialkompetenz. Der Vater von Melanie ist vor sechs Monaten bei einem Unfall gestorben. Da Melanie heute den ersten Tag hier in der Abteilung ist, wusste ich das leider nicht. Ich dachte nur, dass sie Ihnen ein wenig Halt ..."
    
    "Ach Scheiße", murmelt sie dann: "Es gibt diese Tage."
    
    Sie reicht mir ein Glas Wasser: "Frau Maler wird trotzdem gleich zu uns kommen. Aber geben sie den beiden einen Augenblick."
    
    "Möchten Sie reden?"
    
    Ich schüttle den Kopf: "Wann kann ich nach Hause?"
    
    Sie schaut mich fragend an: "Meine Aussage oder die der Ärzte."
    
    "Beides", murmle ich.
    
    "Sie sind Privatpatient, daher werden die Ärzte pauschal vier Wochen buchen."
    
    "Und Sie?"
    
    "Bleiben sie ein bis zwei Wochen hier. Trainieren sie ihre Muskeln. Essen sie viel. Frau Maler wird ihnen vermutlich das gleiche Raten."
    
    Sie seufzt: "Das Ganze hat aber einen Haken."
    
    Ich hebe eine Augenbraue und sie fährt fort: "Wenn sie sich selbst entlassen, haben Sie Schwierigkeiten mit bezahlter Unterstützung."
    
    Ich nicke: "Danke für die Info."
    
    Kurze Zeit später öffnet sich erneut die Tür und eine Frau betritt den Raum. Sie kommt zum Bett und vor mir steht die ältere Version von der jungen Schwesternschülerin, etwas fraulicher, ein breites Becken, lange, blonde Haare. Definitiv die Mutter.
    
    Sie sieht noch etwas verheult aus. Das Ganze hat sie wohl auch etwas mitgenommen.
    
    Trotzdem kommt ...
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