1. TABU


    Datum: 25.03.2021, Kategorien: Erstes Mal

    ... Karriere als Hartz IV-Empfänger ist dann meist vorprogrammiert, denn für Defizite in der Hirnleistung gibt es leider noch keinen Download!
    
    Vielleicht tat ich den Heranwachsenden auch Unrecht. Immerhin hatte ich als Referendarin kaum die Möglichkeit, eine engere Beziehung zu ihnen aufzubauen, um sie näher kennen zu lernen. Mit meinem Start ins Berufsleben sollte sich dies jedoch alles ändern und ich hatte sogar bereits einen Plan geschmiedet, wie ich dies anstellen würde.
    
    Als Lehrerin für Mathematik steht man bei vielen Schülern bekanntermaßen auf der Abschussliste, denn die Kids reden sich ihre fehlende Begabung für dieses Fach gern schön, indem sie ihrem Lehrer oder - wie in meinem Fall - ihrer Lehrerin unterstellten, dass sie sie nicht mochten und ihnen deswegen schlechte Noten gaben. Stand man erst einmal auf dieser Abschussliste, ging man als Lehrer nicht selten durch die Hölle. Dieses Schicksal wollte ich mir auf jeden Fall ersparen, wobei mir mein gesundes Selbstbewusstsein sicher eine große Hilfe war. Schüler erkennen bei ihren Lehrern die kleinste Schwäche sofort und eine solche wollte ich mir daher unter keinen Umständen erlauben.
    
    Ehe das neue Schuljahr begann, verbrachte ich den letzten Sonntag der Sommerferien bei meinen Eltern. Ihr Garten bot mir die beste Gelegenheit, den Plan umzusetzen, den ich mir für meinen ersten Tag im Schuldienst zurechtgelegt hatte. Meine Vorbereitung bestand darin, dass ich den halben Tag in der Wiese saß und etwas tat, was ich ...
    ... schon als Kind geliebt hatte: Ich suchte vierblättrige Kleeblätter! Irgendwie hatte ich ein besonderes Talent hierfür, denn die Geometrie der Vierblättrigen stach mir unter der Vielzahl der Dreiblättrigen immer direkt ins Auge und so konnte ich bis zum Nachmittag stolz eine Ausbeute von zwölf Glücksbringern vorweisen!
    
    Aufgeregt und mit klopfendem Herzen betrat ich am nächsten Tag das Klassenzimmer. Es herrschte ein Tumult, dessen Geräuschpegel es mit dem Pausenhof einer Grundschule gut hätte aufnehmen können. Alle quatschten wild durcheinander und erzählten sich von ihren Erlebnissen während der Sommerferien oder zeigten sich gegenseitig irgendwelche Videos auf ihren Smartphones. Eigentlich herrschte an der Schule absolutes Handyverbot aber ich wollte mich nicht gleich am ersten Tag unbeliebt machen, in dem ich dies besonders betonte. Also stellte ich mich einfach vor die Klasse und tat - gar nichts. Ich verschränkte einfach nur meine Arme und Blickte über die Köpfe der Kids hinweg, bis irgendwann von allein Ruhe eintrat.
    
    Offensichtlich ist meine Rechnung aufgegangen, denn die Schüler waren es gewohnt, dass man sie lautstark zur Ruhe aufforderte, nicht aber, dass man wortlos vor ihnen stand und abwartete, was passieren würde. Nur noch leises Gemurmel war zu hören und die Klasse blickte mich neugierig an, bis auf zwei Mädchen, die noch immer in ihre Smartphones vertieft waren und alles um sich herum ausgeblendet zu haben schienen.
    
    "So, wenn dann auch die beiden Damen ...
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