Die Hetäre Phryne nackt vor ihren Richtern
Datum: 21.04.2021,
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CMNF
... gespielt hatte, die Rechtsanwalt Erich Frey auf die spektakuläre Idee bringt, das Urteil der Phryne in einem neuzeitlichen Prozeß zu inszenieren."
"Jetzt sehe ich auch die Parallele!", sagt R.
"Ende Januar beginnt der Prozeß vor der 6. Strafkammer des Landgerichts II in Berlin-Moabit gegen Lola Bach, zwei weitere Tänzerinnen und einen Schauspieler, der in ihren Pantomimen mitgewirkt hatte, 'Dr. Römer' und einen früheren Regisseur.
Als Zeuge der Anklage fungierte Kriminalbetriebs-Assistent Witte, der sich in einer Likörstube am Kurfürstendamm auf Spesen eine Mitgliedskarte der Gesellschaft der Freunde der Kunst verschafft hatte.
Frey gelingt es tatsächlich, das ehrenwerte Gericht zu einem Lokaltermin zu überreden. Am 1. Februar 1922 berichtet die Vossische Zeitung nicht ohne Schmunzeln über die heikle Angelegenheit.
Der 1. Lokaltermin war die Separatvorstellung einer geschlossenen Vorstellung der ‚Gesellschaft der Freunde der Kunst’ in der Kleinkunstbühne ‚Potpourri’, wobei die Tänze 'Frühlingsstimmen', 'Die Motte flog zum Licht' (leichte wehende Schleier) und die Pantomime 'Mode-Ballett' aufgeführt wurden, letztere 'nur in Hüten letzter Creation, Strümpfen, hohen Stöckelschuhen und Spiegel in der Hand'. Den Abschluss bildete der Tanz 'Die Nonne'.
Der 2. Lokaltermin am späten Abend besah sich die öffentliche Veranstaltung der Kleinkunstbühne ‚Potpourri’, die deutlich zurückhaltender ausfiel.
"Manchmal haben Anwälte und Richter eben auch heutzutage ihren ...
... Spaß!", feixt R.
"Gleichwohl wird Lola Bach wegen Beihilfe zur Erregung öffentlichen Ärgernisses zu einem Monat Gefängnis mit Bewährung verurteilt. Römer darf seine Gefängnisstrafe in 18.000 Mark Geldstrafe umwandeln.", schließt M.
"Im Gegensatz zu Athen gibt es in Berlin also keinen Freispruch!", sinniert P. "Die Preußen sind eben prüder als die Griechen!", antwortet M.
"Also wie legen wir nun den Prozeß an?", ruft R. die anderen zur Sache.
"Ich habe hier noch eine andere Version der möglicherweise unhistorischen Anekdote gefunden:
Phryne wurde von Euthias einer todeswürdigen Gotteslästerung beschuldigt: sie sei bei den Aphrodisien in Aigina nackt ins Meer gestiegen. Doch überzeugte Phryne die Richter durch die Enthüllung ihres nackten Körpers von der 'Wahrheit ihrer Unschuld', woraus die Interpretin schließt, daß die 'nackte Schönheit des Körpers' die 'Evidenz der nackten Wahrheit' als 'unhintergehbare Epiphanie der Unschuld' verkörpere.
Das klingt zwar sehr gefällig, aber eigentlich wenig plausibel. Wie sollte ausgerechnet Phrynes Entblößung die Richtern glauben lassen, dass sie sich während der Mysterienspiele nicht nackt gezeigt hat? Weit schlagender ist da schon eine Interpretation, der zufolge Phrynes Nacktheit die Richter davon überzeugte, dass die vollkommene und makellose Schönheit dieses Körpers gottgewollt ist, und es somit unmöglich eine Gotteslästerung sein kann, ihn bei den Mysterienspielen nackt zu zeigen."
"Gute Strategie!", entlockt die ...