Die Anhalterin
Datum: 12.10.2018,
Kategorien:
Schamsituation
... der Mund stand halb offen. Das konnte doch nicht ... Natürlich kannte ich auch diese Haltung. Sie nahm sie ein, wenn sie sich selbst befriedigte. Sollte Julia etwa schon ihre Finger in die kurze, weite Hose geschoben haben? Der nächste Scheinwerfer. Julia wand sich, offenbar auf der Suche nach einer besseren Position. Ihr linker Arm steckte nun eindeutig unter der Bluse meiner Frau, bewegte sich darunter.
Inzwischen war es auch nicht mehr ganz so ruhig. Das flache, erregte Keuchen von der Rückbank übertönte zeitweilig sogar den Motor. Ich überlegte, was ich tun sollte. Einerseits war es ja eine ziemliche Unverschämtheit, was die beiden da trieben. Andererseits störte es mich überhaupt nicht; im Gegenteil, am liebsten hätte ich mitgemacht. Doch wenn ich etwas sagte, egal was, bestand die Gefahr, dass der Zauber des Moments zerplatzte und beide sich wieder darauf besannen, wer und wo sie waren.
Doch dann ging alles sehr rasch. Wir erreichten den Ort, und die Frage, was nun zu tun war, wurde unausweichlich. Als sei nichts gewesen, besprachen die beiden mit mir die nächsten Schritte. Julia sollte zunächst mit uns in unser kleines Ferienhaus kommen. Dort wollte Tina ihr etwas zum Anziehen borgen, und schlafen sollte sie auf der Couch im Wohnraum.
"Auf der Couch – seid ihr sicher?" konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen.
Tina schaute mich an, als hätte ich ihr den Vorschlag gemacht, mit Julia nackt über die Champs ...
... Elyssee zu spazieren. Es blieb tatsächlich bei der Couch. Am nächsten Morgen brachten wir Julia in die Stadt zu Polizei, nachdem wir auf dem Campingplatz festgestellt hatten, dass ihr toller Freund auch von dort abgereist war. Allerdings hatte er ihren Koffer bei dem Platzverwalter gelassen, so dass wir Tinas Kleidung wieder an uns nehmen konnten. Von der Stadt aus wollte Julia dann auch gleich nach Deutschland. Ein Angebot, die übrigen Tage unseres Urlaubs bei uns zu bleiben und dann mit uns zurück zu fahren, schlug sie aus.
Es war gegen Abend, als wir uns am Bahnhof von ihr verabschiedeten. Als der Zug verschwunden war, meinte Tina zu mir: "Du sagst ja gar nichts."
"Was soll ich denn sagen?"
"Ich dachte nur ..."
Was hätte ich auch sagen sollen. Ich kannte meine Frau zu gut. Sie würde es irgendwie abwehren, als Irrtum oder Einbildung hinstellen und anschließend die letzten paar Urlaubstage schmollen. Das wollte ich nicht riskieren. Immerhin stand ich seit dem vorigen Abend unter Strom, und das wollte ich in der kommenden Nacht ändern. Und zwar dringend.
Ich kannte meine Frau doch nicht.
"Übrigens, Julia und ich haben unsre E-Mail-Adressen getauscht. Sobald sie alles geklärt hat bei sich, will sie mal übers Wochenende zu uns kommen. Wenn es dir nichts ausmacht. Dann bringen wir zu dritt zu Ende, was wir gestern angefangen haben ... ohne die Gefahr, dabei im Graben zu landen."
Copyright Nicolas Scheerbarth 2008