1. Der Bergsee


    Datum: 03.10.2018, Kategorien: Schamsituation

    Der Bergsee - la séduction d'une jeune Anglaise
    
    Da saß ich nun.
    
    Es war der 19. Juni, im Jahre 1958. Kalter Regen stob wie die schäumende Gischt eines wilden, ungebändigten Meeres durch die dunklen Winkel der Stadt. In den wenigen kurzen, trockenen Momenten des Tages stieg jedoch, wie Schwefel aus der Hölle, eine heißfeuchte und nicht minder unangenehme Schwüle in der Luft auf und trieb den mehr und mehr verzagenden Haufen von müßiggängigen Leuten in der kleinen Pension sofort wieder nach drinnen zurück, in die stickige Luft der letzten vier Tage. In das nahe Gebirge zu fahren schien plötzlich kaum mehr ein guter Einfall gewesen zu sein. Auch der Verzicht auf Damenbegleitung maß sich im Angesicht der betrüblichen Wetteraussichten nicht sonderlich klug an.
    
    Und darob war ich nun ein Gefangener meiner Selbst, ein Mann in den guten Jahren, allein und den lüsternen Blicken der alten Witwen zu Tisch, dem Getuschel der hässlichen Jungfern am Kamin, der garstigen Neugier der dicklichen Matronen beim Kartenspiel wehrlos ausgeliefert. Wenn ich es, zwischen den Mahlzeiten und den immer leidigeren, blutleeren Partien Dame und Schach erübrigen konnte, ging ich auf mein Zimmer und duschte. Genauer gesagt duschte ich mich von morgens bis abends, ich hasste Schweiß, weil man sich wie ein Kranker vorkam. Und was sollte ich auch sonst tun: Es flatterte und flirrte von Menschen, die mit der flackernden Nervosität eingesperrter Untätigkeit unausgesetzt plaudernd auf und nieder gingen. ...
    ... Jedes Gesicht war mir vertraut bis zum Überdruß, das scharfe Lachen der Frauen reizte, das polternde Streiten eines nachbarlichen holländischen Ehepaares ärgerte nicht mehr, und nicht für einen Augenblick konnte man dem elektrischen Ventilator entgehen, der wie eine toll gewordene stählerne Fledermaus einem surrend über der Stirn kreiste. Alles war mir so vertraut, alles schien so vorhersehbar.
    
    So blieb nur die Flucht.
    
    Ich beschloß mit dem Automobil in das Nebental zu fahren (denn in selbigen befand sich die nächste größere Stadt), dort gehoben zu dinieren, eine Abwechslung zur deftigen Hausmannskost der Landesküche zu schaffen, und vielleicht zu telegrafieren.
    
    Am späten Nachmittag ging ich also durch die Eingangshalle, um auf den Stellplatz meines silbernen Studebakers zu kommen. Allerdings kam ich nicht weit, denn ich erblickte zufällig jemanden, eine Person, eine Frau, - wohlbekannt- und mit einem Mal, wie bei einem Blitzschlag wurde mir es gewahr! Eine Idee begann in mir zu reifen, eine Frage nur musste ich stellen, um sie in die Tat umzusetzen...
    
    Es war kurz nach meiner Ankunft, als ich das Mädchen mit dem blonden Roßschwanz zum ersten Mal erblickt hatte, man musste sich im Speisesaal versammeln, um anzustehen wegen Tischkarten. Ein junges Mädchen, kaum erwachsen, Engländerin ihrem Akzent nach, mit einem Gesicht voller Sommersprossen. Lange sah ich nur ihren Rücken, studierte die Schultern, die so schmal schienen, zu schmal fast; ich konnte nicht umhin sie ...
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