1. Club Funtasie


    Datum: 15.12.2021, Kategorien: BDSM

    Ich hasse Jazz.
    
    Tut mir wirklich leid, aber so ist es nun mal. Das Quietschen des Glases, das ich gerade poliere, ist angenehmer als das unrhythmische Katzengejammer, das der Saxophonist von sich gibt.
    
    Seufzend versuche ich mich mit meinem Schicksal in Form der Thekenschicht abzufinden, die bis zum letzten Ton und darüber hinaus andauern wird. Jenny, aka Glitter, wippt hingegen auf ihren mörderischen Pumps neben mir im Takt auf und ab und will ihre Begeisterung für die hohe Form der Kunst gar nicht verbergen. Aus diesem Blickwinkel kann ich der Beschallung dann doch etwas abgewinnen. Ich spanne, ziele und lasse das Geschirrtuch auf ihren formvollendeten, halbnackten Hintern schnalzen, was ihr ein Kreischen entlockt, das im wirren Klangteppich der Musik nicht weiter auffällt. Sie fährt zu mir herum, aber die Entrüstung weicht sofort einem ihrer koketten, schiefen Grinsen. „Freches Luder!"
    
    Ich lache sie an und lasse das Geschirrtuch angriffslustig in der Hüfte kreisen. Ihr geübter Blick gleitet von meiner improvisierten Peitsche über die Gäste an der Bar, bevor sie abwinkt. „Lohnt nicht."
    
    Mit einem Schulterzucken senke ich die Hand . Sie hat natürlich Recht. Unsere kleine Routine hinter der Theke ist normalerweise dazu gedacht, die Kunden mit ein wenig harmlosem Girl-on-Girl-Geplänkel anzuheizen, doch heute ist das Publikum ein gänzlich anderes. Dass ich nebenbei meinen privaten Spaß an der kleinen Einlage habe, ist Jenny nicht bewusst.
    
    Der Jazz zerrt schon den ...
    ... ganzen Abend an meinen Nerven, sodass ich keinerlei Gefühl für den Raum habe. Unser normales Klientel aus spaßorientierten, etwas angeheiterten Gästen wurde für diese Soiree durch Liebhaber der Kunst ersetzt, mit einer kleinen Beimischung der üblichen Gesichter, versteht sich. Die Band stammt aus den USA; es ist wohl eine nicht unberühmte Kombo, die sich für ihr einziges Konzert in der Hansestadt ausgerechnet unseren Club ausgesucht hat. Ich kann nur mutmaßen, was Künstler aus dem Land der Puritaner dazu bewegt, in einem Puff zu spielen.
    
    Damit tue ich unserem Etablissement natürlich unrecht. Das Funtasie ist viel mehr als nur ein Puff, auch wenn der Name ... nun ja. Reden wir nicht davon. Der Club ist in der Tat eine Art Geheimtipp. Etwas abseits der ausgetretenen Pfade hat sich unser Boss, von allen nur Cheffe genannt, sein eigenes kleines Paradies ganz nach seiner Vorstellung geschaffen. Es gibt keine Plakate mit nackten Brüsten, die an jedem Stromkasten hängen, keine nervtötenden Promoter, die unsere Flyer auf der Reeperbahn und außerhalb verteilen. Wir haben nicht einmal eine dieser blinkenden Leuchtreklamen an der Fassade. Das Funtasie ist eher so eine Art Fight Club, nur dass es natürlich keine Regel gibt, die das Reden über uns verbietet. Wir machen unser Geld mit den Klienten, die durch Mund-zu-Mund-Propaganda von uns erfahren.
    
    An jedem Wochenende gibt es einen Live-Act, meistens noch unbekannte Garagenbands, die von Hard Rock bis Black Metal alles spielen, was ...
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