1. Doro 02: Die Einweisung


    Datum: 31.01.2019, Kategorien: Nicht festgelegt,

    Doro fühlte sich elendig. Und das nicht nur, weil sie verhaftet und verurteilt worden war für eine Tat, die ihrem eigenen Gerechtigkeitsempfinden zwar ganz sicher dumm gewesen war, vielleicht anstößig, aber keineswegs ein Verbrechen. Was sie wirklich bedrückte, ohne selbst ganz genau zu verstehen, war der dumpfe Schlag der Gefängnistore, der ihr mehr als alles andere deutlich gemacht hatte, dass sie eingesperrt war und nicht wusste, wie sie wieder in Freiheit gelangen sollte.
    
    Dass sie noch immer in den gleichen Klamotten steckte, in denen sie gestern Vormittag zu einer Besichtigungstour aufgebrochen war, und darin auch die Nacht verbracht-- von Schlafen konnte keine Rede sein -- und keine Gelegenheit bekommen hatte, sich zu waschen oder sonstigen hygienischen Bedürfnissen nachzukommen, trat dagegen in den Hintergrund.
    
    Ihr rotblondes Haar hing verfilzt und matt um ihren Kopf, aber wenigstens konnte sie endlich diese eine Strähne zurückstreichen, die ihr ständig über die Stirn in die Augen gefallen war und sie genervt hatte. Aus für sie unverständlichen Gründen hatte man ihr in dem verschlossenen Transporter, in dem man sie aus dem Gericht hierher gekarrt hatte, wie einer Schwerverbrecherin die Arme mit Handschellen auf den Rücken gefesselt.
    
    Erst als zwei hünenhafte Wärter sie links und rechts an den Oberarmen packten, wurden die Fesseln gelöst. Die beiden schleppten sie mehr, als sie sie führten. Und als ob sie wussten, dass Doro ohnehin keines ihrer Worte verstehen ...
    ... würde, blieben sie dabei völlig stumm, während sie sie durch weite Flure und unzählige vergitterte Türen zerrten. Die bedrückende Stille, durch die nur ihre Schritte hallten, erzeugte eine gespenstische Atmosphäre, die noch dadurch verstärkt wurde, dass irgendwann das Tageslicht zurückblieb und der Weg nur noch von grellen Neonröhren erhellt wurde.
    
    Doro fragte sich - obwohl sie gleichzeitig wusste, wie irrational dieser Gedanke war - ob man sie in ein unterirdisches Verlies verbannte, um sie wegzuschließen und für immer zu vergessen.
    
    Endlich stellten ihre Führer sie in einem weiß gekachelten Raum ab und postierten sich zu beiden Seiten der Tür, durch die sie eingetreten waren. Anhand der Einrichtung des Ortes konnte man erkennen, dass es sich um ein ärztliches Untersuchungszimmer handelte, auch wenn die Möbel und Apparaturen Doros Empfinden nach reichlich antiquiert wirkten.
    
    Ein hagerer Mann mit Stirnglatze und langer Nase, auf der eine Brille mit Drahtgestell saß, sah von einer Akte auf, die er studierte, und sah die Neuankömmlinge abschätzend an. Ein wadenlanger weißer Laborkittel, in dessen Brusttasche mehrere Kugelschreiber und Holzspatel steckten, wies ihn als den vermutlichen Arzt aus. Ohne Vorrede kam er zur Sache.
    
    „I will conduct your initial examination. Remove your clothes."
    
    Doro gefror. Sie konnte sich einreden, dass es sich hier um eine gewöhnliche medizinische Untersuchung handelte und der Doktor sie nur aus professionellen Gründen anschauen würde. ...
«1234...7»