1. Chaos-Akt am Freitag


    Datum: 07.02.2019, Kategorien: Kunst,

    ... jetzt. Vor allem aber: entschlossen. Das ist gut.
    
    Als wir oben im Atelier durch die Tür kommen, sagt mir Nelly gerade halblaut: „Das ist geil! Wie geil ist das denn?“, da schallt uns auch schon Friedrichs gereizte Stimme entgegen:
    
    „Ihr seid doch wohl total wahnsinnig, ihr verrückten Weiber?“
    
    „Nö“, sage ich, „wir haben nur nichts an. Wegen der schönen frischen Frühlingsluft.“
    
    Der ganze Saal fängt an zu lachen.
    
    Aber jetzt bin ich erst einmal still und beobachte Nellys Auftritt. Ich hatte ihr vorher gesagt, was sie tun soll. Als sie ihnen jetzt so nackt und so direkt gegenübersteht, ist es wieder genau wie immer. Die meisten schauen verlegen weg und trauen sich nicht, sie richtig anzusehen. Und die wollen einmal Maler werden? Dabei ist sie ja nun wirklich ansehenswert. Venus, die Göttin der Liebe und der Schönheit. Mindestens. Aber sie beweist ihnen, dass sie die Queen ist, wenn sie es will. Sie geht erhobenen Hauptes langsam in die Mitte des Saales und steigt einfach zu Kathrin auf das Podest.
    
    Im Atelier raunt es verhalten: „dieser Hintern!... diese Hüften!... diese Haare…, ist die süß…, die Brüste!...eine Wucht!...Boah!...“ Ich habe schon Angst, dass Kathrin jetzt wieder einen Anfall von Depression kriegt. Aber die Kathrin ist begeistert und zeigt Nelly beide Daumen hoch. Gut, geschafft! Es geht doch nichts über eine echte Frauenfreundschaft, solange kein Mann im Spiel ist, auf den sie beide scharf sind.
    
    Nelly hüstelt erst einmal verlegen und blickt auf ...
    ... Kathrin und dann auf mich. Ich nicke und die Kathrin tut es auch. Nelly kämpft mit dem Drang, wieder verlegen nach unten zu sehen, und sucht sich im Saal einen aus, den sie direkt anschauen kann, und der auch direkt zu ihr hinsieht.
    
    „Also…, liebe Leute,… es ist schön. Draußen meine ich. Viel schöner als hier drinnen. Und ein Pool ist auch da. Die Desiree und ich, wir wollen euch gerne zu einer abendlichen Grillparty in den Garten einladen. Wir haben das alles schon vorbereitet, das habt ihr ja auch selber schon gesehen…“
    
    „Und geschnuppert!“, ruft einer dazwischen, „Herrlicher Einfall!“
    
    „Bleibt ihr dabei nackt?“ will auch noch ein ungläubiger Thomas wissen.
    
    Kathrin fragt entrüstet zurück. „Na, was hast du denn gedacht? Und ihr könnt ja auch mitmachen, auch die anderen Mädels hier.“
    
    Oh je, denke ich, was kommt da heute noch auf mich zu?
    
    Einer ruft ganz begeistert: Da können wir ja endlich einmal so malen, wie Matisse, Monet und Gaugin, nackte Frauen im Grünen mit Picknick und allem Drum und dran. Herrlich!“
    
    Dem Friedrich ist längst klar, dass für ihn die Zeichenstunde gelaufen ist. Aber er hat doch noch einiges anzumahnen.
    
    „Keine Plagiate und Fälschungen bitte! Das ist mir einmal im Leben passiert und drunter leide ich noch heute. Von wegen Matisse, Monet und Gaugin. Lasst euch gefälligst was Eigenes einfallen, ihr Stümper. Und was ich mir ausgebeten haben will: Die Männer lassen gefälligst ihre Hosen an. Nicht, dass ich noch in Teufels Küche komme, nur ...