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Teufelskreis 01: Das Interview
Datum: 24.09.2022, Kategorien: BDSM
... zwei Gläser und eine Flasche Weißwein hervor und schenkte ein. „Chiara, richtig? Chiara Jägersmann! Wie lange ist es jetzt schon her, fünf Jahre? Willkommen in meinem bescheidenen Heim. Setz dich doch." Ich stammelte etwas, zitterte vor Schreck noch immer am ganzen Körper, und kam der Aufforderung nach. Was hätte ich sonst tun sollen? Nero war kleiner, als ich ihn in Erinnerung hatte, kaum größer als ich -- ich war plötzlich froh, dass ich keine höheren Absätze angezogen hatte. Sein Gesicht war schmal, irgendwie durchschnittlich, mit einem Dreitagebart und braunen Haaren, die über der Stirn schon etwas dünner wurden. Dabei war er nur ein Jahr älter. Er war noch immer dünn, richtig schlaksig. Niemand, den ich in einer Bar oder auf Tinder auch nur zweimal angeschaut hätte. Seine Brille reflektierte das Sonnenlicht. Er setzte sich mir gegenüber und lächelte, als habe er das lange geübt. „Du bist also jetzt Journalistin?" „Ja. Nein. Das heißt, ich studiere hier an der Uni -- Mathe, Germanistik im Nebenfach. Ich schreibe nebenbei für die Studentenzeitung." Meine Stimme war heiser. Meine Hände zitterten noch immer. Ich wagte es nicht, einen Schluck zu trinken, aus Angst, dass mir das Glas ebenfalls gleich hinunterfallen würde. Stattdessen umklammerte ich meinen Stift und zwang mich, ruhig zu atmen. In meinem Kopf wollten die zwei Bilder partout nicht übereinstimmen: Der Musiknerd aus dem Gymnasium, der Stundenlang allein in leeren Klassenzimmern geübt hatte und ...
... andauernd fehlte, weil er nach Hamburg oder Stuttgart oder Bulgarien zu Konzerten fahren musste. Der schüchtern gewesen war, sofort errötete, wenn ihn ein Mädchen ansprach. Und jetzt dieser Mann, fast identisch aussehend aber mit derart perfekter Selbstsicherheit, dass ich mir plötzlich vorkam wie ein verschupftes Küken. „Und, ist diese Studentenzeitung lesenswert?" „Na ja, es ist halt eine Studentenzeitung ... Vor allem lokale Stories und Buzzfeed-Quizzes ... Aber man muss ja irgendwo anfangen." „Du hast also größere Ambitionen?" Wer führte hier eigentlich das Interview? Wenn ich wegen meinem Missgeschick nicht noch immer so durcheinander gewesen wäre, hätte ich mich wohl über seine Arroganz aufgeregt. „Haben wir die nicht alle?" Ich machte eine unbestimmte Geste auf den Luxus rundherum. Nero lachte. Seine Stimme war tiefer geworden, kein Zweifel! Etwas in seinem Gesicht zuckte. „Ja, bestimmt doch. Du gibst dir zumindest Mühe, das kann man sehen. Ich mag die Haare, übrigens." „Uhm, danke!" Ich hatte mir die Spitzen letzte Woche blau gefärbt, in einem Anflug von Rebellion, ich wusste nicht mal genau gegen was. Ich blätterte frenetisch durch meine Notizen, während Nero mit dem Geigenbogen Kreise in die Luft zeichnete. Ich räusperte mich. „Danke, dass du dir Zeit genommen hast. Ich kann mir ja nicht vorstellen, wie beschäftigt du sein musst ..." „Wollen wir anfangen?" „Ja, klar, sorry nochmal ... Erste Frage: Dein Künstlername ‚Nero', wie bist du zu dem ...