1. Livias Lustblättchen


    Datum: 28.02.2019, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    ... Charakter- und Stilfrage. Trotzdem brachte sie allein altersbedingt so etwas Frisches, Jugendliches, Unbedarftes und Leichtfüßiges mit sich und strahlte aber auch unabhängig von ihrem Alter eine Energie und euphorische Lebensfreude aus, die quasi von ganz allein, ohne dass sie sich groß anstrengen musste, die Leute in ihren Bann zog und diese sich in gewisser Weise davon anstecken und mitreißen ließen. Da kann man auch als an sich selbstbewusste Frau eben schon mal ein leichtes Störgefühl entwickeln und ins Grübeln kommen, warum man sich selbst über die Jahre nicht mehr von diesen Eigenschaften hatte beibehalten können, obwohl man mit Mitte 30 ja selber noch nicht gerade zum alten Eisen gehörte.
    
    Sie war, zumindest nach außen hin, durchzogen von einer fast schon unverschämten Selbstsicherheit, die ich in der ausgeprägten Form, weder mit 19 oder 20, noch heutzutage an den Tag zu legen vermochte. Sicher hatte es auch genügend Situationen gegeben, in denen ich meine Reize hatte spielen lassen oder jemanden, der mir gut gefallen hat, auch selbstbewusst angesprochen hatte. Doch mir wäre es niemals in den Sinn gekommen, mir so die Blöße zu geben, dass ich dafür bereit gewesen wäre, den Preis zu zahlen, die Aufmerksamkeit der gesamten Örtlichkeit, einschließlich der umliegenden Menschen auf mich zu ziehen. Ich war da von etwas dezenterer Natur, wohingegen die junge Studentin scheinbar ihr festes Ziel vor Augen hatte, bereit war, alles dafür zu geben, um dieses von sich zu ...
    ... überzeugen und es ihr bei ihren unterschiedlichsten Bemühungen schlichtweg vollkommen egal war, was andere anwesende Personen von ihr denken könnten.
    
    Vermutlich waren beide Theorien Teil dessen, dass ich plötzlich eine leichte Abneigung ihr gegenüber verspürte, doch ich war kein Freund davon, anderen und vor allem sich selbst etwas vorzumachen. Also gestand ich mir insgeheim in brutaler Ehrlichkeit ein, dass man es gar nicht so kompliziert herunterbrechen musste und es sich vielmehr schlichtweg um ganz banales Platzhirsch-, oder besser gesagt, Platzhirschkuhgehabe meinerseits handelte. Und dieses war noch dazu in Anbetracht dessen, dass ich mich schließlich innerhalb weniger Minuten mal wieder von Domenico hatte umgarnen lassen und mich somit bewusst dagegen entschieden hatte, meinen Flirt mit dem Fremden weiter zu verfolgen, schlichtweg einfach nur deplatziert. Auf einmal schämte ich mich für diese Selbsterkenntnis über mein vollkommen bescheuertes und verquertes ‚Anspruchsdenken', ermahnte mich selbst dazu, meine Würde zu wahren und brach dann meine Beobachtungen jäh ab, um mich lieber wieder meinem Getränk und meiner eigenen Aussicht für den weiteren Abend zuzuwenden. Denn diese war, wie bereits erwähnt, mehr als vielversprechend. Und ich kannte mich gut genug, um zu wissen, dass der Reiz der Ungewissheit bezüglich des mir unbekannten Mannes keineswegs größer war, als mein Begehren und meine Neugier danach, zu erfahren, was mein italienischer Bekannter wohl wieder Anregendes ...
«12...404142...70»