1. Hör meinem Körper zu - Enflammé


    Datum: 07.11.2022, Kategorien: Erstes Mal

    ... Ich zückte mein Smartphone und navigierte zu den Bildern von Lena und mir auf der Moselbrücke, die sie offensichtlich meinte. Und offensichtlich starrte ich das geöffnete Bild die ein oder andere Sekunde zu lange an, denn sie krallte sich das Handy. Die Farben des Fotos bestrahlten Lenas Gesicht und spiegelten sich in ihren Augen. Was sie sich anschaute, ließ ihre Mundwinkel langsam nach oben wandern.
    
    »Du kannst sehr schöne Fotos machen.«
    
    »Ich hab sehr schön auf den Auslöser gedrückt.«
    
    »Du kannst auch einfach danke sagen.«
    
    »... danke.«
    
    Lena gab mir das Handy zurück und atmete aus, dann schaute sie sich die Decke an.
    
    »An was denkst du?«, fragte ich.
    
    Ihre Augen wurden groß und starrten in den Raum. Lena fuhr sich mit der Hand durchs Haar, um sich auf ihre Antwort vorzubereiten.
    
    »Bis jetzt war das Wochenende 'ne gute Ablenkung.«
    
    »Von was?«
    
    »Unnötige Gedanken. Ich hab keine Ahnung, was jetzt nach der Schule passiert. Und ich hab keine Ahnung, ob ich Angst habe, oder mich freue.«
    
    Straight to the point. Unkompliziert. Mag ich. Mir kam kurz in den Sinn, über einen Ratschlag nachzudenken, ich nahm allerdings deutlich wahr, dass Lena das gerade nicht brauchte.
    
    »Das Gefühl kenne ich von vor zwei Jahren.«
    
    Lena achtete nicht auf meine Antwort, musste sie auch nicht. Sie sprang zum nächsten Gedanken über.
    
    »Ich meine ok, mir droht nichts böses, nichts läuft falsch, aber ich hab so eine unverschämte Angst, mit der Zukunft nicht zufrieden zu sein. ...
    ... Und jetzt nicht zu wissen, womit ich in Zukunft nicht unzufrieden sein will ...«
    
    Lena musste über sich selbst lachen, bevor sie weiterreden konnte: »Also der Satz klang mir selbst schon so verkopft, ich muss meine eigenen Gedanken grade zweimal lesen.«
    
    Ich lachte mit, dann blieb ich einen Moment still und ließ ihren Humor nachklingen, ehe ich den Mund aufmachte.
    
    »Die Antworten auf solche Gedanken liegen halt nur in der Zukunft. Und bis die Zukunft da ist, lenken wir dich gerne ab.«
    
    »Das ist sehr lieb von dir, aber Carla tippt auf dem Weg hierher einfach ihr Haushaltsbudget in ihr Handy. Alles cool, darf sie ja machen, aber sie hats mir vorhin gezeigt und mich überfordern solche Gedanken. Budgets sind was für Menschen mit Mathe-Hirn. In meinem Gehirn sind nur Farben und Melodien.«
    
    Lena lachte wieder kurz über ihre eigene Wortwahl und ich musste sie auch erst mit einem Grinsen anerkennen.
    
    »Ich unterhalte mich lieber über Farben und Melodien als über Haushaltsbudgets.«
    
    »Dafür mag ich dich, Leo.«
    
    Durch meinen Kopf wanderten ein paar Bilder von jungen Erinnerungen mit ihr. Für die verträumten Blicke, während sie von blink-182 schwärmte, mochte ich sie. Und für die kleinen Dinos, die sie auf Grußkarten zu Geburtstagen malte. Oder für ihre Einstellung zu Sternbildern. Und dafür, dass sie sprunghaft von ihren Gedanken erzählte. Manche fänden das vielleicht verwirrend oder zu viel Information. Ich liebte es, denn sie redete ohne Filter. Etwas, was mir schwerer ...
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