Barfuß - Teil eins
Datum: 26.12.2023,
Kategorien:
Erstes Mal
... noch ein wichtiges Meeting hätte ansetzen müssen und er danach sicher noch ein bis zwei Tage länger auf dieser sehr wichtigen Dienstreise bleiben müsse, um wirklich alle Probleme vor Ort zu lösen.
Seine Probleme mussten gelöst werden, das war wichtig.
Sie hörte zu, sagte kaum etwas und legte dann enttäuscht auf. Sie musste raus, hätte am liebsten Entscheidungen getroffen, doch ihr fehlten die Optionen, sie konnte sich nur fügen, denn wie hätte sie revoltieren können?
Er ist auf seiner Runde durch den Wald.
Immer wenn er auf Heimatbesuch ist, nutzt er die Chance den kleinen Rundweg barfuß durch den Wald und hoch auf den Felsen zu laufen.
Ganz oben an dem dünnen Geländer macht er dann meist eine kleine Pause und schaut den Baumwipfeln zu, wie sie sich im Wind bewegen. Es ist für ihn seine Art der Meditation.
Aber heute steht da jemand, eine Frau, eine sehr hübsche Frau und er erkennt diese Frau.
Seit seinem Beratungstermin bei ihr, hatte er sie nicht mehr aus dem Kopf bekommen, dachte häufig an sie, hatte ihr vor den Sommerferien sogar ein nettes E-Mail geschrieben, sich darin erneut für die gute Beratung bedankt und ihr einen schönen Sommer gewünscht. Einfach so und irgendwie doch nicht. Er konnte ihr ja schlecht schreiben, dass er sie gerne wiedersehen würde. Ihre freundliche Antwort hätte er sich am liebsten ausgedruckt und unters Kopfkissen gelegt, so wie früher als verknallter Teenager - obwohl es nur ein einfaches Dankeschön für die netten Wünsche ...
... gewesen war.
Er erinnerte sich an ihr Lächeln und daran, dass sie mit ihm seinen, vielmehr ihrer beider Dialekt gesprochen hatte. Wo er jetzt lebte, sprach man Hochdeutsch und machte sich über Dialekte eher lustig, auch und besonders über seinen. Aber sie hatte seine Muttersprache benutzt. Muttersprache, das war sein Dialekt für ihn, die Sprache von Kindesbeinen an, ein Stück Heimat weit jenseits von dümmlichen Nationalismen, und immer wenn er ihn hörte, fühlte er sich nach Hause gekommen.
Aber vor allem war es ihr Lachen gewesen.
Er hatte allein sein wollen, aber jetzt war klar, dass er keine Ruhe fände, wenn er es nicht wagte, sie anzusprechen.
Er tritt zu ihr und bittet sie, ihr ein wenig Gesellschaft leisten zu dürfen.
Auch sie war auf den Felsen gestiegen, um allein zu sein, aber sie erkennt ihn, erinnert sich an das nette Beratungsgespräch und sein liebes Dankesmail ein paar Tage später. Sie erlaubt ihm gerne sich zu ihr zu stellen, ein Smalltalk mit ihm könnte vielleicht helfen, sie aus ihren Drahtseilakt-Gedanken zu reißen und das Gedankenkarussell zum Stilstadn zu bringen.
Und so sprechen sie über dies und das, lächeln sich an und genießen die Ablenkung und Annäherung. Bis ihr Blick auf seine nackten Füße fällt und sie wissen will, ob er öfter barfuß gehe, ob das nicht weh täte und warum er das mache. Er freut sich auf eines seiner Lieblingsthemen angesprochen worden zu sein und hat schnell mehrere Sätze zum richtigen Gehen, zu unserer frühmenschlichen ...