1. In die Dunkelheit


    Datum: 01.05.2024, Kategorien: BDSM

    ... neben der Rezeption in einem Nebengang stand. Sie hatte nichts zu trinken, und weil sie nichts kaufen wollte, hatte sie angefangen, Wasser aus dem Eiswürfelautomat zu ziehen. Sie füllte ihr Glas, schlich wieder zurück, in der Hoffnung, dass der griesgrämige alte Mann an der Rezeption sie nicht bemerkt hatte. Hatte er aber doch, wie immer. Sie hörte sein missbilligendes Grunzen, als sie ins Treppenhaus floh. Der alte Sack, fluchte Lilly leise, als sie die Treppen hinaufstieg. Er schien an der Rezeption angewachsen zu sein, immer sah sie ihn da, tagsüber und tief in der Nacht. Sie wusste auch nicht genau, warum sie immer so ein Geheimnis aus ihrer Tour zum Automat machte, na ja, gestand sie sich ein, doch -- es sollte bloß keiner merken, dass sie noch nicht einmal Wasser kaufen konnte. Und der alte Mann machte ihr Angst, mit seinen Bartstoppeln, seinen Furchen und Falten im Gesicht und seinen buschigen, grauen Augenbrauen über diesen dunklen Augen. Er widerte sie an, der alte Mann, der so streng roch.
    
    Mit Schrecken dachte sie daran, wie sie nach ihrer ersten Nacht in der Stadt spät abends ins Hotel kam und er auf einmal im Halbdunkel der Rezeption vor ihr stand. Sie war fast auf ihn geprallt, bevor sie ihn umrannte, hatte sie ihn aber gerochen und würde diesen Geruch nicht mehr vergessen, streng, säuerlich, alt und verbraucht. Er hatte sie damals genau ins Gesicht geschaut und sie hatte den Schreck ihres Leben erhalten -- als ob der alte Mann bis in ihr Innerstes schauen ...
    ... konnte. Lilly schloss ihr Zimmer auf, setzte sich auf das Bett und wartete auf Jana.
    
    Ihre Nachbarin kam spät, erst gegen zehn. Anscheinend hatte sie vorher noch Besuch gehabt, zumindest hatte Lilly gehört, wie zwei Männer den Gang hinunter gegangen waren und außer Jana wohnte da niemand mehr. Aber die zwei waren eine Stunde später wieder gegangen und nun klopfte Jana an Lillys Tür.
    
    Jana erzählte vom Urlaub in Griechenland, von dem neuen Einkaufszentrum in der Stadt, von einem neuen tollen Hosenanzug, den sie gekauft hatte und merkte schnell, dass all dies genau die falschen Themen waren. Sie hatte zwei Flaschen Sekt dabei und öffnete nun die zweite. "So, nun erzähl mal, was hier bei Dir los ist", sagte sie, und nahm Lillys Hand.
    
    Als hätte Jana einen Schalter betätigt, schoss es aus Lilly heraus. Die bittere Zeit zuhause, ihr unerträglicher Stiefvater, ihre verstaubte Mutter, die abgebrochene Ausbildung. Die Bilder stiegen auf.
    
    Sie erinnerte sich, wie Ralf-Peter sie einmal windelweich geschlagen hatte. 15 war sie da gewesen und hatte beim Einkaufsbummel mit einer Freundin ein Minikleid mitgebracht. Ihr allererstes. Stolz hatte sie ihre Errungenschaft ihrer Mutter präsentiert. Aber die hatte nur den Kopf geschüttelt und Ralf-Peter gerufen. "Wie läufst du hier rum", hatte der gleich gebrüllt, "Du bist doch keine Hure. Zieh das Ding sofort aus, das wirst Du nie anziehen." Sie hatte sich verteidigen wollen, "es laufen doch alle meine Freundinnen im Sommer auch mit einem ...
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