1. „Die Kunst braucht mehr nackte Männer - und Frauen!“ - von einem Multitalent, das auszog, um ausgezogen zu werden - Teil 2


    Datum: 26.04.2019, Kategorien: Kunst,

    ... reichte er eines, seiner Frau zwei und sich selbst nahm er das letzte. Frau Graf führte eines ihrer beiden Gläser bis knapp unter den kräftig rot geschminkten Mund, öffnete diesen einen Spalt und ließ einen Speicheltropfen in das Glas laufen. Dann gab sie es an die Fotografin weiter, die es ihr gleich tat, und zum Schluss spuckte Herr Graf in den Sektkelch, woraufhin er ihn mir feierlich überreichte. Dann ergriff er das Wort: „Zum Abschluss dieser feierlichen Zeremonie zur Aufnahme eines neuen Mitglieds in die Künstlerfamilie Graf lasst uns jetzt anstoßen!“ Also stießen wir an, und als alle ihr Glas zum Mund führten und tranken, tat ich es ebenso. Nach einem kleinen – quasi symbolischen - Schluck von der Sekt-Speichel-Cuvée setzte ich das Glas wieder ab, doch Frau Graf sagte mit Nachdruck: „Was ist los, Michael? Austrinken!“.
    
    Ich leerte mein Glas, wobei ich das Gefühl nicht los wurde, dass mich die anderen drei Anwesenden amüsiert und spöttisch beobachteten.
    
    Dann ging´s an die Arbeit. Mona knipste die beiden Scheinwerfer an und fotografierte mich erst in einem kitschigen Glitzeranzug, wie ihn vielleicht ein Zauberer trägt. Ich musste verschiedene Posen einnehmen, die sie mir vorgab. Das Ehepaar Graf sah dabei zu und brachte den einen oder anderen Wunsch an, den Mona und ich erfüllten. Keine besondere Sache, ein ganz normales Foto-Shooting. Danach musste ich ein Batman-Kostüm anziehen – genau, das Batman-Kostüm, mit dem ich gerade auf dem Weg zu einem Auftrag bin. Wieder ...
    ... vielleicht zwei Dutzend Bilder.
    
    Dann sagte Frau Graf: „Und hier ist das nächste Heldenkostüm für dich“, und überreichte mir einen Lendenschurz à la Tarzan.
    
    „Muss das sein?“, fragte ich. „In so was möchte ich eigentlich nicht auftreten.“
    
    „Na hör mal, mein Guter, du kannst doch nicht jeden Auftrag splitternackt absolvieren!“ Was für ein gelungener Scherz des „Grafen“ ... Zumindest schienen er und die beiden Frauen das zu finden. Nachdem sie genug darüber gelacht hatten, sagte Frau Graf versöhnlich: „Ach komm schon, Michael, der Tarzan-Schurz steht dir bestimmt gut.“ Dann klimperte sie noch ein bisschen mit den langen Wimpern, und schon war mein Widerstand gebrochen.
    
    Ich zog mich aus und machte den Tarzan. Tja, und dann kam das letzte Kostüm dran. Und das war … richtig: gar keins!
    
    „Und jetzt kommt der angenehmste Teil an meinem Job“, sagte Fotografin Mona mit einem süffisanten Lächeln, „das Modell ist nackt.“
    
    „Ist es nicht!“, protestierte ich. „Nacktfotos mache ich nicht!“
    
    „Warum nicht?“, erkundigte sich die Gräfin mit gespieltem Erstaunen. „Wie sollen wir dich nackt vermitteln, wenn es keine entsprechenden Fotos von dir gibt? Die Kunden wollen doch nicht die Katze im Sack kaufen.“
    
    Ich schüttelte entschieden den Kopf, aber angesichts der Tatsache, dass ich nur einen Lendenschurz trug, der nur das Nötigste bedeckte, wirkte ich wohl nicht sonderlich respekteinflößend. „Ich habe nicht vor, noch einmal nackt aufzutreten!“, erklärte ich.
    
    Der Graf hatte für ...
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