1. Kauf mich


    Datum: 27.08.2024, Kategorien: Erstes Mal

    © Andrew Schlagweizen
    
    Die junge Mutter schaute, wie sie es öfters in den vergangenen Jahren tat, auf einen Stapel Rechnungen, den sie wieder Monate vor sich her geschoben hatte. Wenn sie die bezahlte, dann hätten sie und ihre Tochter Isa zu wenig, um davon zu leben. Wenn sie nicht bezahlte, war der Strom weg oder der Kindergarten nicht bezahlt. Ihre Finanzen waren immer eng. Und eben manchmal zu eng.
    
    Widerwillig klappte sie den Laptop auf und öffnete eine ganz bestimmte Internetseite.
    
    Immer wenn sie das tat, schwor sie sich hinterher, das war das letzte Mal. Nie wieder würde sie sich so erniedrigen. Aber ihren Account mit den eindeutigen Bildern von ihr löschte sie trotzdem nicht. Sie war begehrt. Sie musste nie lange warten, bis sich jemand fand.
    
    Blond, jung, zierlich, deutsch.
    
    Sie konnte sich die Typen aussuchen, aber es ekelte sie an. Die sabbernden alten Säcke, die sich meldeten. Die immer auch nach Merkwürdigkeiten fragten, die nicht in ihrem Portfolio standen. Die jungen Wilden, die glaubten, alle käuflichen Frauen wären Gangbangschlampen, die nur darauf warteten, es auf Junggesellenfeiern so richtig besorgt zu bekommen. Ohne Kondom. Für einen Hunni die Nacht. Oder die Kerle und Weiber mit den kleinen Egos und der Sammlung an widerlichen Spielzeugen aus Leder und Latex.
    
    Die drückte sie alle weg.
    
    Anfangs dachte sie noch, da wären welche darunter, die sich für sie als Mensch interessierten, aber am Ende wollten alle nur das eine.
    
    Einmal mehr ...
    ... dachte sie an den Tag zurück, als ihr eine Exfreundin vom Spielplatz den Tipp mit dieser Seite gegeben hatte. Sie hatte bemerkt, wie dreckig es ihr damals ging. Damals hatte sie sich die Behandlung von Isas Masern-Erkrankung quasi vom Munde abgespart. Hatte ihren Job verloren, weil sie ihr Kind vorher verheimlicht hatte. Das Amt drohte ihr mit der Isas Wegnahme. Und als ob das noch nicht genug war, hatte der Vater von Isa sich endgültig abgesetzt, von einem Schiff runter und am Horn von Afrika verschwunden, unerreichbar für jedes Gericht. Es war der Tiefpunkt ihres Lebens gewesen. Tiefer konnte man nicht sinken, dachte sie damals. Wie sehr hatte sie sich geirrt.
    
    Die damalige Freundin sagte ihr, sie täte es auch, sogar regelmäßig. Sie hatte mit ihr ihre erste Seite erstellt. Ihr die Begriffe erklärt, die sie bis dahin noch nicht kannte, ihr die Preise genannt, damit sie nicht zu billig anbot, sich unter Wert verkaufte. Und dann hat sie sie einfach in diese Welt geschubst.
    
    Ihr erster war einer dieser jungen Wilden gewesen, ein richtiger Adonis und dazu studiert. Ohne Kondom wollte er, in alle Öffnungen wollte er. Grob wurde er, als er nicht bekam, was er wollte. Die fünfhundert, die sie bekam, konnten ihr nicht über den Ekel hinweghelfen, den sie danach empfand. Und über den Schmerz, als er unerlaubt ihren Hintereingang eindrang.
    
    Die Exfreundin hatte gelacht. Sie solle sich nicht so anstellen, es wäre nur Sex. Vollkörpersport. Ohne jegliches Gefühl. Dieser gefühllose Umgang ...
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