1. Meine erste Geschichte


    Datum: 30.10.2024, Kategorien: An– und Ausgezogen,

    Ich stehe vor dem Spiegel und bin erstaunt über die junge Frau, die ich sehe. Bin das ich? Nun, ich muss es wohl sein - trotzdem ist sie mir ein wenig fremd...
    
    Noch vor wenigen Wochen hätte mich eine andere aus dem Spiegel angeschaut. Die Erinnerung an sie verblasst langsam, ist es tatsächlich erst einige Wochen her? Es kommt mir viel länger vor...
    
    I
    
    Das Spiegelbild Ende Mai des Jahres 201* zeigte eine sehr dünne junge Frau mit einer langen schwarzen Mähne, das ovale Gesicht von leuchtenden blaugrünen Augen und einem Nasenring verziert. Ich machte mich gerade zurecht, um ein wenig in der City herumzuhängen, ein paar Bier trinken, ein paar Kippen rauchen, Typen abchecken und mich vielleicht von einem mit nach Hause nehmen lassen. Es war Wochenende und Zeit für Fun!
    
    Da es ungewöhnlich warm war, hatte ich mir ein schwarzes Trägershirt übergezogen, dazu schwarze Jeans und überlegte, welche Schuhe heute am besten wären. Boots oder vielleicht doch nur ein paar Sneaker. Versonnen blickte ich auf meine schwarzlackierten Zehen, die unter der etwas weit geschnittenen Hose vervorlugten und mir fiel diese dämliche Postwurfsendung wieder ein. Be Natural - Go Barefoot! Sonst stand nichts drauf und das Ding war umgehend im Papiermüll gelandet. Gott, was ging mir diese neuartige Anti-Mode-Bewegung auf den Geist, den Flyern dieser Trottel konnte man inzwischen fast nicht mehr entgehen und schaffte man es doch, dann war irgendwo ein Pro-Nackt-Graffiti oder der Email-Eingang quoll ...
    ... über vor Unterschriftensammlungen zur Legalisierung von Nacktheit in der Öffentlichkeit.
    
    Okay, als freiheitsliebender Mensch verdienten die ja eigentlich meine Unterstützung, aber Fundamentalisten zu unterstützen war nicht meine Sache. Nackt auf die Straße gehen zu wollen war eins, aber Sachbeschädigung in Modeboutiquen und neuerdings der Diebstahl von Kleidung - so ausgeprägt war mein Clothes-Ripping-Fetisch dann doch nicht (wobei ich es natürlich genoß, als mein letzter Freund mit seinem Klappmesser an meinen BH-Trägern herumschnibbelte, das sei zugegeben).
    
    Barfuß in die Stadt? Sowas machten doch eigentlich nur Asoziale, oder? Aber die hatten in der Regel keine perfekt lackierten Nägel. Verschwommen erinnerte ich mich, wie mir im letzten Sommer in der Stadt einer meiner Absätze abgebrochen war. Da Alkohol mutig macht und es ohnehin bereits dunkel war, war ich notgedrungen barfuß vom Biergarten nach hause gelaufen. Das war doch eigentlich ein angenehmes Gefühl damals, vor allem in Verbindung mit der eigentlich irrationalen Vorstellung, etwas Verbotenes zu tun. Hoffentlich sieht dich niemand! Und noch wichtiger: hoffentlich erkennt dich niemand! Warum eigentlich, es waren doch nur ein paar Füße...
    
    Das Kopsteinpflaster in der Innenstadt war vom Tag aufgewärmt und bildete einen reizvollen Kontrast zu den kühlen Fließen im Treppenhaus. Mein Magen schlug Purzelbäume und ich fragte mich zum wiederholten Mal, was ich da eigentlich machte. (be natural - go barefoot!). Im ...
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