1. Insel der Scham - die Botschaftseröffnung Teil 1


    Datum: 15.11.2024, Kategorien: Insel der Scham,

    „Erika, könnten Sie bitte in mein Büro kommen?“
    
    Erika Behmkamp hatte mit 27 ihr Jurastudium abgeschlossen, und nun die große Chance, in die renommierte Anwaltssozietät Pappenbrink, Meyers & Oggersmann als Juniorpartnerin einzusteigen.
    
    Hinter einem übergroßen Museumsstück von Schreibtisch, saß der Senior, Notar Klaus Wilfried Oggersmann, der mit seinen 76 Jahren und seiner Ruhe eine hanseatische Autorität ausstrahlte.
    
    „Ah Erika, bitte kommen Sie herein und setzen sie sich. Haben sie sich gut bei uns eingelebt?“
    
    „Ja danke, ich wurde hier sehr gut aufgenommen.“
    
    „Woran arbeiten Sie gerade?“
    
    „Der Urheberrechtsstreit Uhlkenbracke / Brinkkamper.“
    
    „Eine verzwickte Geschichte. Nun, wenn meine Kollegen ihnen das zutrauen, bin ich sicher, dass Sie das packen werden. Aber etwas anderes. Ich habe eine besondere Aufgabe für sie, Erika. Wie Sie bestimmt wissen, hat unsere Sozietät die Regierung des Inselstaates Sulmavi beim Kauf der alten Villa am Schlosspark notariell vertreten. Dort eröffnet nun die neue Botschaft. Die beglaubigten Urkunden und andere wichtige Dokumente des Verkaufs müssen nun in die Botschaft gebracht werden. Sie sind zu wichtig, um sie mit der Post zu schicken. Diese Papiere unterliegen der diplomatischen Immunität und dürfen auf keinen Fall in andere Hände geraten. Erika, ich möchte Sie damit beauftragen, die Dokumente persönlich in die Botschaft zu bringen. Bitte übergeben Sie die Dokumente den Botschaftssekretär, und niemanden anderes. So ...
    ... lautet die Verabredung mit der Sulmavischen Regierung. Lassen Sie sich die Übergabe jedes Dokumentes einzeln quittieren.“
    
    Er stand auf und ging zum Aktenschrank neben dem hohen Fenster. Dort schob er eine dunkle Holzvertäfelung zur Seite, hinter der ein Tresor zum Vorschein kam. Der Sozietätssenior stellte die Kombination ein und zog die schwere Metalltür auf.
    
    „Ich vertraue auf Sie, Erika.“
    
    Mit diesen Worten übergab er ihr eine Aktentasche. Auf dickem schwarzen Leder saß ein klobiger Metallverschluss, daneben ein Wachssiegel, ein Kanzleisiegel, das wohl noch dem vorletzten Jahrhundert entstammte.
    
    „Es ist eine weitere Vorsichtsmaßnahme. Der Schlüssel ist bereits in den Händen des Botschaftssekretärs. Am besten machen Sie sich direkt auf dem Weg Erika. Er ist den ganzen Vormittag in der Botschaft anwesend, und wird sie jeder Zeit empfangen.“
    
    Da die alte Villa nur etwa einen Kilometer von den Räumen der Sozietät entfernt lag, entschloss sich Erika Behmkamp dorthin zu Fuß zu gehen.
    
    Der Weg führte sie durch den Schlosspark. Die Kastanien standen in vollster rötlich rosafarbener Blüte und ein wunderbarer Frühlingsduft schwebte durch die Luft, es war ein wunderbar warmer sonniger Morgen. Schon schimmerte die weiße Farbe der großen Villa durch die Stämme der Bäume durch.
    
    Mit langsamen Schritten schlenderte sie über den Parkweg. Es war noch Zeit. Würden die beiden Griffe in ihrer rechten Hand nur nicht so schwer werden. Denn neben der Aktentasche mit den wichtigen ...
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