Insel der Scham - die Botschaftseröffnung Teil 1
Datum: 15.11.2024,
Kategorien:
Insel der Scham,
... Urkunden trug sie noch ihre eigene Dokumentenmappe. Sie wechselte in die linke Hand, doch diese ermüdete noch schneller, die Stimmung war weg. Also auf zur Pflicht!
Erika Behmkamp zog ihre Schritte an. Nach einer Wegbiegung hatte sie den gußeisernen geschwungenen Zaun erreicht, der die Villa weiträumig umfasste, und den sie noch ein Stück entlang gehen musste, um das Haupttor zu erreichen.
Der Zaun machte einen ungepflegten Eindruck. Teilweise blätterte die Farbe ab und Unkraut erklomm die Stäbe bis zur halben Höhe. Der Vorbesitzer, ein internationaler Finanzfonds mit Sitz in Hongkong, hatte das Anwesen verkommen lassen. Die beauftrage dubiose Verwalterfirma begnügte sich mit dem Anbringen neuer Vorhängeschlösser.
Es hatte die Sozietät große Mühe gekostet, überhaupt einen kompetenten Ansprechpartner für die Verkaufsgespräche zu finden. Alle anderen verfügbaren Immobilien hätten jedoch die finanziellen Möglichkeiten des Inselstaates weit überschritten, so dass es nach über zwei Jahren dennoch zum Verkauf kam.
Seit der Entdeckung eines unterseeischen Vorkommens Seltener Erden war Sulmavi in den Blickwinkel internationaler strategischer Interessen geraten, und nun so gezwungen, seine diplomatischen Aktivitäten auszuweiten.
Trotz seiner geringen Bewohnerzahl verfügte Sulmavi durch seine vielen weit auseinanderliegenden Inseln über ein sehr großes Hoheitsgebiet auf See mit entsprechenden weitläufigen Rohstoffvorkommen am Meeresgrund. Die großen Industriestaaten der ...
... Welt buhlten nun um die Abbaulizenzen.
Das Haupttor kam in Sichtweite, und schon von hier konnte Erika
Behmkamp ein geschäftiges Treiben erkennen. Zahlreiche Kleintransporter und Möbelwagen standen vor dem Eingangsbereich der Botschaft, Lieferanten schleppten Kisten, Handwerker und Installateure gingen mit ihren Werkzeugen ein und aus. Gut, dass sie gelaufen war, kein Gedanke an einen freien Parkplatz.
Ein Mann im grauen Kittel wischte zwei Schilder sauber, die er zuvor anmontiert hatte. Es mochten wohl die Hoheitszeichen Sulmavis sein. Um so größer war die Überraschung der jungen Anwältin, als sie die Schilder beim Erreichen des Haupttores las.
„Weiblichen Besucherinnen unserer Botschaft ist der Eintritt durch das Haupttor nicht gestattet. Diese werden gebeten, den Nebeneingang Pforte 2 rechts in 130 Metern zu benutzen.“
Auch das zweite Schild fand ihre Verwunderung.
„Auf dem Gelände, sowie in sämtlichen Gebäuden unserer Botschaft ist das Fotografieren weiblicher Personen strengstens untersagt. Zuwiderhandlungen werden grundsätzlich polizeilich angezeigt und juristisch geahndet!“
Hatte es etwas mit Religion zu tun? Ihres Wissens war Sulmavi kein islamisch geprägter Staat. Noch stand sie unschlüssig vor dem Haupttor, als ein Wachmann sie ansprach.
„Meine Dame, der Zutritt ist Ihnen hier nicht gestattet. Bitte benutzen sie die Pforte 2.“
„Könnten Sie mir bitte sagen, was der Grund dieser Reglung ist?“
Der Wachmann machte einen verlegenen Eindruck. ...