1. Görtlers Christkind


    Datum: 20.11.2024, Kategorien: Voyeurismus / Exhibitionismus

    ... ja arbeiten gehen, damit ich endlich auch meinen Beitrag leisten könnte und sie mich nicht mehr durchfüttern muss. Wissen Sie, wenn ich nicht immer mal bei meiner Freundin essen könnte, wäre ich längst verhungert!"
    
    Görtler wusste nicht, was er sagen sollte. Lisa wirkte echt; er glaubte ihr die Geschichte. Er wusste ja aus Zeitung und Fernsehen, dass es solche Schicksale gab. Hier in seinem Arbeitszimmer diese junge, gut aussehende Frau zu sehen und zu erfahren, dass sie selbst davon betroffen war, erschien ihm dennoch seltsam unwirklich. Einerseits spürte er Furcht vor dem Eindringen solcher Probleme in sein beschauliches Rentnerleben. Andererseits wirkte ihre Lebendigkeit und Jugendfrische auf ihn belebend. So jung sie war, bügelte sie mit einem Schwung und einer Genauigkeit, die einige Übung verrieten.
    
    "Gebügelt hab ich immer gern," vertraute sie ihm an. "Das ist so eine von den Sachen, bei denen man hinterher sieht, was man getan hat. Die Sachen sind so schön glatt. Und fertig. Wenn Sie den Boden wischen, sieht man hinterher wenig davon, jedenfalls da, wo meine Mutter wohnt."
    
    "Und Sie? Wo wohnen Sie jetzt?"
    
    Lisa traten Tränen in die Augen. Sie antwortete nicht, blickte nach unten und bügelte verbissen weiter.
    
    "Sie sind ..." Görtler machte eine Pause, um die erschreckende Erkenntnis in seine Gedanken einzulassen. Dann sprach er es aus: "... obdachlos?"
    
    Lisa schwieg, bügelte weiter und kämpfte mit den Tränen.
    
    "Entschuldigen Sie! Es tut mir leid. Ich ...
    ... wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Aber nach allem was Sie mir erzählt haben, müssen Sie sich nicht schämen deswegen."
    
    "Das ist es auch nicht!" brach es aus ihr hervor. "Sie glauben ja nicht, was das ein Kampf ist mit den Ämtern. Ich bin nirgendwo gemeldet und bekomme deswegen keine Unterstützung und nichts. Ich schlafe bei meiner Freundin Julia, aber das ist auch nichts. Ich hab schon ganz schön Stress mit ihrer Mutter, und wenn ich dort raus muss ..." Der Rest des Satzes verschwand in einem leisen Schluchzen.
    
    Als Lisa gegangen war, setzte Görtler sich wieder in sein Arbeitszimmer und begann, vor sich hin zu grübeln. Eigenartig, wie leer und still seine Wohnung plötzlich wirkte. Lisa hatte so viel Leben mitgebracht! Trotz aller Probleme stand sie noch ganz am Anfang, verdiente eine Chance. Welch ein Unterschied zu seinem eigenen Leben, in dem nichts mehr geschah, nichts mehr zu erwarten war. Doch das musste ja nicht sein. Unwillentlich hatte Lisa ihm einen Weg gezeigt. Am übernächsten Tag sollte sie wiederkommen und ihm bei der Hausordnung helfen. Wenn Sie pünktlich kam und bei der Reinigung von Wohnung und Treppe den gleichen Eifer zeigte wie beim Bügeln, wollte er ihr helfen.
    
    * * *
    
    Sie kam pünktlich, begrüßte ihn fast überschwenglich, und bearbeitete dann zwei Stunden seine Böden und das Treppenhaus, als gälte es, einen Putzwettbewerb zu gewinnen. Sie gewann. Görtler bot ihr eine regelmäßigen Beschäftigung an, und überdies Unterstützung im Umgang mit den ...
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