Eine Nacht in Rijeka...
Datum: 10.01.2025,
Kategorien:
Medien,
Ihr langes, dunkles Haar wehte im Wind. Es war heiß. Schatten gab es hier nicht. Ich sah, wie ihr der Schweiß übers Gesicht lief, als ich an ihr vorüberging. Die Nachmittags-Sonne brannte unbarmherzig auf uns herab. Sicherlich waren es um die 40 Grad Celsius. Seit Wochen hatte es hier nicht mehr geregnet. Der Boden war staubtrocken, alle Blumen ausgedörrt. Typisch für die kroatische Küste im Spätsommer.
Auch ich war schweißgebadet. Das kurzärmlige Hemd klebte mir am Rücken. Unangenehm. Nur der laue Wind vom Meer her brachte hin und wieder etwas Kühlung.
Es war Ende August. Wie der Monat, so ging auch mein Urlaub zu Ende. Ich war schon auf dem Rückweg. Morgen würde ich die dalmatinische Küste verlassen und über den Autoput wieder langsam nach Nordwesten gegen Heimat fahren. Noch weit über eintausend Kilometer zu fahren, aber ich würde mir Zeit lassen. Erst in drei Tagen mußte ich wieder zur Arbeit.
Schade. Es waren schöne Tage gewesen hier. Unbeschwert und frei. Ganz alleine war ich unterwegs, einfach so ins Blaue hinein gefahren. Nichts war geplant, keine Zwänge, der Duft von Freiheit und Abenteuer.
Die eiskalte Cola, die ich mir gerade am Kiosk gekauft hatte, verschaffte mir wieder Wohlbehagen. Ich drückte mir die Glasflasche gegen die Stirn und nahm dann einen tiefen Schluck. Anschließend lief ich wieder zum Wagen zurück.
Mein vollgepackter Kombi stand im Halteverbot. Natürlich wollte ich keinen Strafzettel riskieren - und die Polizisten hier waren nicht ...
... zimperlich. Aber alle Parkplätze vorm Bahnhof von Rijeka waren besetzt gewesen.
Und ich hatte solchen Durst gehabt. Die Auto-Kühlbox stand zu Hause im Keller. Warum hatte ich sie eigentlich gekauft, wenn ich sie ständig vergaß mitzunehmen?
Dann kam ich nochmals an ihr vorbei. Sie saß auf ihrem Koffer, schien auf jemanden zu warten. Offenbar schon länger, denn sie wirkte ziemlich niedergeschlagen. Sie schaute nach links und rechts, aber offenbar kam das Auto nicht, das sie abholen sollte. Oder vielleicht der Bus?
Als ich vorüber schlenderte, sah sie zu mir auf. Es war nicht nur Schweiß, der ihr vom Gesicht lief. Es waren auch Tränen dabei. Offenbar war sie versetzt worden.
Ich hätte sie ja angesprochen und getröstet, doch mein Kroatisch war grottenschlecht. Mein Vokabular beschränkte sich auf ein paar Worte wie „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“ sowie die Namen der Grundnahrungsmittel und die Zahlen von Eins bis Hundert. Alles Weitere mußte ich aus meinem Wörterbuch heraussuchen. Das reicht, um sich durchzuschlagen, aber nicht für eine Unterhaltung.
Einen kurzen Moment trafen sich unsere Blicke. Sie hatte dunkelbraune Augen, groß und ausdrucksstark. Das paßte zu ihrer gebräunten Haut.
Kein Make-Up und kein Lippenstift, soweit ich das sehen konnte. Die Nase klein und flach, ein wenig nach oben zeigend. Und ein schmaler Mund, der sich in ihrem Leid wohl noch etwas mehr zusammengezogen hatte. Es war nur ein flüchtiger Augenblick, doch das Bild hat sich bis heute in ...