1. Nordlichter - Teil 02


    Datum: 07.03.2025, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    Seit meinem Abenteuer mit Charlotte sind bereits mehr als zwei Wochen vergangen, in denen ich mir gewünscht hätte, mehr von ihr auf WhatsApp zu lesen. Wir schrieben hin und her, ohne dass wir uns persönlich gesehen haben. Klar, unsere Einsatzpläne erschwerten einiges. Aber dennoch war es nicht so, wie ich es mir in meinen Tagträumen vorgestellt habe. Gelegentlich musste ich sogar bis zu drei Tage auf eine Antwort warten. Besonders dann fühlten sich ihre Nachrichten beinahe so an, als ob man einem Hund einen Knochen vor die Pfoten schmeisst, um ihn ruhigzustellen. Klar übertreibe ich etwas, aber ich konnte diese Gefühle nicht abtun.
    
    Das mit den langen Wartezeiten erinnerte mich irgendwie an das Verhalten unerfahrener Teenager, die jede SMS auf die Waagschale legen und ein Krisenstab an Freundinnen Ratschläge gibt, wann der ideale Zeitpunkt für eine Antwort ist. Egal. Mich nervte das schon damals zu meiner Jugendzeit. Einmal stellte ich mir die Frage, ob ich Charlotte einfach nicht wichtig genug war oder ob sie sich vielmehr wie Sonja (damals vor meinem Umzug nach Dubai) schützen wollte und sich darum kommunikativ zurückgezogen hatte.
    
    Charlotte wollte keine Beziehung mit mir, weil sie das Liebes-Aus mit ihrem vermeintlichen Ex-Freund verdauen wollte. Da war sie mehr als ehrlich zu mir. Dessen war ich mir bewusst und rechnete ihr die Transparenz hoch an. Ich glaube, wir Männer sind diesbezüglich aber wesentlich einfacher gestrickt und schreiben, wenn uns danach ist. ...
    ... Vielleicht sollte ich ihren Wunsch einfach hinnehmen und nicht in meiner Fantasie ständig einem Hirngespinst nachjagen. Vielleicht nervte ich sie mit meinen Mitteilungen auf WhatsApp. Scheisse, es fühlte sich wie mit fünfzehn an. Vielleicht verhielt ich mich die letzten Tage tatsächlich unreif. Ich war fest gewillt, ihrem Wunsch nun zu entsprechen und mich zurückzunehmen, ihr den gewünschten Freiraum zu schenken. Irgendwie schloss ich dieses Thema für mich ab. Vielleicht aus Enttäuschung oder um mir zu beweisen, dass ich dazu mental in der Lage war. Aber ich wurde auf die Probe gestellt.
    
    Bei einem spontanen Besuch bei Moe kam Charlotte gerade aus São Paulo zurück und hatte sich trotz Jetlag Zeit genommen, mit uns eine Flasche Wein zu trinken. Wir gingen kollegial miteinander um und es war schön ihr vertrautes aber etwas müde wirkendes Gesicht zu sehen. Als die Dänin ihr Bettchen aufgesucht hatte, verriet mir Moesha, dass sie mit ihrem Freund jetzt offiziell Schluss gemacht hatte. Seitdem sei es für Moe ausgesprochen ruhig geworden, da Charlotte ihr nicht mehr ständig ihr Herz ausschüttet. Nach dem Abend blieb ein freundschaftliches Gefühl zurück und ich war nicht mehr so emotional an Charlotte gekettet, wie an jenem Morgen nach dieser langen Nacht mit ihr. Merkwürdigerweise fühlte ich mich ein, zwei Tage später nicht wie damals bei Sonja in einem luftleeren Raum. Es war schön mit Charlotte, zweifelsohne, aber es gibt keine Beziehung. Sie will es so. Basta.
    
    Und trotzdem wollte ...
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