1. Argonauta Kapitel 03-07


    Datum: 02.04.2025, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... Stewart und fuhr dann fort: „Aber jetzt mal ehrlich. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Tiere eine Kultur entwickeln können."
    
    „Was ist denn für dich Kultur?", fragte Julia.
    
    „Na, Riten und Gebräuche einer Gesellschaft sind Teil ihrer Kultur. Eine gemeinsame Sprache. Oder Kunst und Musik. Und natürlich Erfindungen -- der technische Fortschritt. Das Rad zum Beispiel. Das sind doch alles Dinge, die nur wir Menschen hervorgebracht haben."
    
    „Und wenn ich dir verrate, dass es für all diese Dinge mindestens eine Entsprechung bei nichtmenschlichen Tieren gibt?"
    
    „Das glaube ich nicht."
    
    „Es ist aber so. Nimm Musik als Beispiel. Singvögel produzieren die wunderbarsten Melodien. Natürlich, um damit die Weibchen zu beeindrucken und nicht, um Konzertsäle damit zu füllen." Julia grinste.
    
    „Das ist bei uns Menschen nicht anders", antwortete Melina grinsend, „ich kann mich noch gut daran erinnern, dass mein erster Freund mich damit rumgekriegt hat, dass er ein Lied auf seiner Gitarre für mich komponiert hat."
    
    „Jedenfalls", fuhr Julia fort, haben die Gesänge von Vögeln selbst große Komponisten nachhaltig beeinflusst. Wolfgang Amadeus Mozart hielt sich einige Jahre lang einen Star namens ‚Stahrl'. Der konnte nicht nur bald schon Mozarts Kompositionen nachpfeifen, sondern soll sogar selbst Inspiration für Mozarts Stück „Musikalischer Spaß" gewesen sein. Nach Stahrls Tod war Mozart so traurig, dass er seinem gefiederten Freund eine richtige Beerdigung spendiert hat und ...
    ... ihm sogar ein eigenes kleines Verslein gedichtet hat."
    
    „Aber das ist etwas Anderes", beharrte Stewart, „Vögel folgen nur ihrem natürlichen Instinkt. Soweit ich weiß, ist ihnen der Gesang genetisch eingeprägt."
    
    „Guter Einwand. Der Vogelgesang ist in der Tat genetisch geprägt", räumte Julia ein. „Siehst du, wo sollte dann die kulturelle Leistung sein?"
    
    „Aber", fuhr Julia fort, „jedes Verhalten ist zum Teil genetisch geprägt. Wir Menschen stellen da übrigens gar keine Ausnahme dar. Auch unsere manchmal höchst absonderlichen Verhaltensweisen haben alle eine genetische Basis. Ein Fundament, wenn man so will. Ein Fundament allein ergibt aber noch lange kein Haus."
    
    „Wie meinst du das?"
    
    „Dass es mehr als nur eines genetischen Programms bedarf, um Verhalten erklären zu können."
    
    „Ich verstehe nicht, worauf du hinaus willst", sagte Stewart.
    
    Julia überlegte kurz. Dann sagte sie: „Okay, versuchen wir es mal mit einem Beispiel. Wie du sicher weißt, gibt es heute Schachcomputer, die jeden menschlichen Großmeister schlagen können, richtig?"
    
    „Ich schätze schon, ja."
    
    „Gut. Was meinst du, wie sieht wohl der Algorithmus für so ein Schachprogramm aus? Also welchen genetischen Code hat wohl so ein Schach-PC?"
    
    „Na ja", sagte Stewart nachdenklich. Er blickte in drei gespannte Gesichter. Etwas hilflos blickte er Fisher an, doch der hielt sich zurück und schmunzelte leicht. Er warf Julia einen belustigten Blick zu. Dann antwortete Stewart: „Na, ich schätze mal, dass der ...
«12...232425...41»