1. Argonauta Kapitel 03-07


    Datum: 02.04.2025, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... dann die anderen Großwalarten ins Visier der Waljäger", sagte Julia aufgewühlt.
    
    „Bis zum Ende der kommerziellen Waljagd in den 1980er Jahren sind von einst geschätzt einhunderttausend Atlantischen Nordkapern gerade einmal etwa dreihundert Individuen übrig geblieben. Im Gegensatz zu anderen Walarten wie dem Buckelwal, die sich gut von der Waljagd erholen konnten und heute nicht mehr zu den bedrohten Arten gehören, ist die Zahl der Nordkaper kaum gestiegen und erholt sich nur langsam. Heute sind es vielleicht vierhundertfünfzig Tiere, möglicherweise auch fünfhundert. Manche Populationen sind zu winzigsten Resten zusammengeschrumpft. Die Population im Ostatlantik wird sich wohl nie wieder erholen und ist praktisch ausgestorben", sagte der Professor.
    
    „Warum erholen sich die Bestände nicht, so wie bei den Buckelwalen?", fragte Stewart.
    
    „Gute Frage", antwortete Fisher, „mit der fast gänzlichen Ausrottung der Nordkaperbestände ist vom ursprünglichen Genpool der Art nur noch ein Bruchteil vorhanden. Die Art ging durch einen genetischen Flaschenhals, der nur wenig der ursprünglichen genetischen Vielfalt übrig gelassen hat. Als Folge davon fanden und finden die Nordkaper viel zu wenig Fortpflanzungspartner, wobei Inzucht mit all ihren schädlichen Nebenwirkungen kaum noch vermieden werden kann. Hinzu kommt, dass die Tiere sich nur langsam fortpflanzen. Eine Kuh bekommt nur etwa alle drei Jahre ein einziges Kalb."
    
    „Aber nicht nur genetisch wurde die Art stark ...
    ... eingeschnürt", schaltete sich nun Julia wieder ein, „der Walfang hat die Tiere im wahrsten Wortsinn auch ihrer Kultur beraubt. Mit jedem Tier, das die Walfänger aus dem Meer holten, ging für die übriggebliebenen Wale ein Stück ihres Wissens verloren. In derBay of Fundy in Kanada zwischen den ProvinzenNova Scotia undNew Brunswick gibt es eine kleine Kolonie Nordkaper, die seit Jahren unter einem immer schlechter werdenden Futterangebot zu leiden hat. In manchen Jahren gibt es kaum etwas zu Fressen. Viele Wale sind dann in einem schlechten Ernährungszustand und die sowieso nur wenigen Kälber verhungern."
    
    „Aber warum schwimmen die Wale nicht weg? Dorthin, wo es Nahrung gibt?", fragte Stewart.
    
    „Weil sie es verlernt haben", antwortete Julia traurig. „Die Wale wissen ganz einfach nicht mehr, dass sie in so einer Situation abwandern müssen. Und sie wissen auch nicht mehr, wohin sie in einem solchen Fall ziehen müssten; wo noch bessere Nahrungsgründe liegen und wie sie zu ihnen gelangen könnten. Diejenigen Wale, die es ihnen verraten könnten, hat der Mensch alle getötet."
    
    Plötzlich herrschte gedämpfte Stimmung an Bord. „Dann gibt es für die Nordkaper keine Hoffnung mehr?", fragte Melina, die sichtlich mit ihren Tränen kämpfte.
    
    „Seit einigen Jahren", sagte David Fisher, „beobachten Walforscher, dass einige der Tiere nordwärts ziehen. Sie folgen ihrer bevorzugten Beute, kleinen Ruderfußkrebsen der Art Calanus finmarchicus, immer häufiger in den weiter nördlich gelegenen Golf von St. ...
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