Argonauta Kapitel 03-07
Datum: 02.04.2025,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... rothaarige Studentin sah dabei zu, wie die Mutter nach einem Zweig griff, der ihr genehm erschien und ihn ihrem Jungen direkt vor die Nase hielt. Kritisch beschnüffelte der junge Koala die ihm unbekannte Kost. Es biss beherzt hinein und kaute kurz auf den Blättern herum. Dann überlegte das Kleine es sich doch anders und spuckte die Blätter wieder aus.
Wie alle Säugetiere werden junge Koalas in den ersten Lebenswochen von ihrer Mutter mit Milch gesäugt. Erst mit zweiundzwanzig bis dreißig Wochen werden die Jungen langsam von ihrer Mutter entwöhnt und fangen an, sich auf die karge Pflanzenkost umzustellen, werden aber oft noch bis zu einem Alter von fast einem Jahr gesäugt. Aber den kleinen Koalas fehlt zu Beginn noch die Heerschar der unzähligen kleinen einzelligen Helfer, die sie bei der Verdauung unterstützen. Die müssen sie erst in ihren Verdauungstrakt aufnehmen und das tun sie, indem sie den Kot der Mutter fressen. Nicht die gewöhnlichen, zu harten Drops gepressten Kotballen, sondern eine ganz spezielle Mischung, die Zoologen Caecotrophe nennen. Der weiche, fast breiige Blinddarmkot ist reich an Bakterien und wird in Australien umgangssprachlich auch Papp genannt. Durch seine Aufnahme wird der Verdauungstrakt des kleinen Koalas förmlich mit seiner zukünftigen Darmflora beimpft. Und hier wird auch deutlich, warum sich bei Koalas, anders als bei den Känguruhs, der Beutel nach hinten öffnet -- was nicht gerade ungefährlich sein kann, wenn die Mutter die meiste Zeit ...
... ihres Lebens mit dem Gesäß nach unten zeigend im Kronendach der Bäume lebt und das Junge leicht aus dem Beutel heraus und in den sicheren Tod stürzen könnte. Auf diese Weise aber kann der kleine Koala ganz einfach sein winziges Köpflein zum Beutel herausstrecken und bequem den Papp vom Anus der Mutter ablecken, ohne dabei seinen schützenden Beutel vollständig verlassen zu müssen. Auch die nächsten Verwandten der aschgrauen Beutelbären, die Wombats, besitzen einen sich nach hinten öffnenden Beutel. Diese Tiere legen sich unterirdische Höhlen und Gänge an und so wird verhindert, dass sie bei ihren Grabtätigkeiten Erde in ihren Beutel schaufeln.
Doch dieses Koala-Junge war aus der Beutel-Zeit schon heraus. Es hatte ihn schon verlassen und würde auch nicht mehr hinein klettern. Stattdessen würde es noch einige Zeit lang von seiner Mutter huckepack durchs Geäst getragen werden, bis es eines Tages alt genug war für ein selbstständiges und meist ziemlich einzelgängerisches Leben. Als erwachsener Koala würde es sich nur noch zur Paarung mit anderen Artgenossen zusammen finden.
Für Julia hatte sich der Besuch jetzt schon gelohnt. Allzu gerne hätte sie die Hände ausgestreckt und das kleine Beutelbärchen gestreichelt und liebkost. Ob es sich genauso weich und plüschig anfühlte, wie es aussah? Und wie es wohl riechen mochte? Vielleicht leicht nach Hustenbonbon, so wie es die Tierpfleger im Fernsehen immer behaupteten?
Die Koala-Mutter startete einen zweiten Versuch und hielt ihrem ...