1. Argonauta Kapitel 03-07


    Datum: 02.04.2025, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... den immerhin fast zwei Meter großen Fisher noch um gut einen halben Kopf und hatte Arme, dick wie Baumstämme. Er trug seine Uniform, eine dunkelblaue Stoffhose und ein schneeweißes Hemd, unter dessen Stoff sich kräftige Muskelpakete deutlich abzeichneten. Seine Haut war ebenso braungebrannt und wettergegerbt wie die des Professors und seine Gesichtszüge hinter einem dichten graumelierten Bart versteckt. Julia schätzte ihn auf Mitte fünfzig.
    
    „Moin", sagte der Kapitän überraschenderweise auf Deutsch mit einer Stimme, die so rau wie die See war und reichte ihr zur Begrüßung seine gigantische Pranke.
    
    „Freut mich auch", sagte Julia eingeschüchtert und erwiderte den Gruß. Sie hatte das Gefühl als wäre ihre Hand in einen Schraubstock geraten.
    
    „Mads ist ein Landsmann von Ihnen, Julia", erklärte Fisher.
    
    „Ja, ein richtiger Hamburger Jung'", erklärte Hansen stolz.
    
    „Julia", stellte sich die Rothaarige vor und fragte dann: „Mads ... ist das eine Kurzform?"
    
    „Ne", lachte Hansen, „eigentlich heiße ich Matthias. Aber die Australier können das einfach nicht richtig aussprechen und meine Mutter kommt aus Dänemark, also erlaube ich ihnen die dänische Variante Mads." Er grinste breit und präsentierte dabei gepflegte, strahlend weiße Zähne. „Und die Kleine will uns also die nächsten Wochen begleiten?", fragte er Fisher.
    
    „Sie ist meine Doktorandin und weist die allerbesten Referenzen auf", antwortete Fisher.
    
    „Also gut", antwortete Hansen fröhlich, „dann zeige ich euch ...
    ... mal das Schiff." Er machte eine einladende Geste und zeigte auf die Gangway. „Hier entlang bitte."
    
    Kapitän Hansen ging voraus, dicht gefolgt von Fisher. Julia bildete die Nachhut und blieb zögernd vor der Schiffstreppe stehen. Der schmale Steg sah ziemlich wackelig aus. „Was ist?", fragte Hansen, „brauchen Sie eine Extraeinladung?"
    
    „Nein", sagte Julia, die jedoch ihre Unsicherheit nicht verbergen konnte.
    
    „Kommen Sie", sagte Fisher aufmunternd, „nur Mut!"
    
    Wie in Zeitlupe umklammerten Julias Hände nervös das Fallreep, jenes Tau, das beiderseits der Gangway als Haltebefestigung angebracht war. Das Seil fühlte sich kratzig an und rieb unangenehm über ihre Haut. Vorsichtig setzte sie einen Fuß auf die Schiffstreppe. Dann setzte sie den anderen Fuß vor den ersten und tippelte in langsamen Schritten im Gänsemarsch hinter den zwei seeerprobten Männern hinterher. Der Gang unter ihr schaukelte leicht hin und her und Julia musste immerzu ihr Gewicht ausbalancieren. Je höher sie stieg, umso wackeliger wurde es und zum ersten Mal bekam sie Zweifel, ob sie wirklich für ein Leben an Bord eines Schiffs gemacht war. Doch jetzt schon aufzugeben, bevor das Abenteuer überhaupt begonnen hatte, kam für sie keinesfalls in Betracht. Sie schluckte ihre Sorgen herunter und Schritt für Schritt stieg sie höher. Dann hatte sie es geschafft, ein letzter Schritt und sie stand mit beiden Füßen auf dicken, von Seeluft gebeizten Massivholzplanken. Überall waren Crewmitglieder damit beschäftigt, ...
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