1. Freund oder Feind?


    Datum: 23.07.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie,

    ... Willen hatte. Dass sie nicht nur eine willenlose Sex-Maschine war.
    
    Und wenn das so war, wenn sie die Freiheit hatte, dies oder jenes zu tun oder zu lassen, diesen oder jenen zu lieben oder nicht zu lieben, dann hieß das doch, das ihre Liebe echt war.
    
    Aber wenn sie ihn doch liebte, dann wiederum würde sie wieder nur ihrer Programmierung gehorchen...
    
    Ein Teufelskreis. Ihr schwirrte der Kopf. Sie torkelte ins Zimmer zurück und legte sich aufs Bett. Stefans Duft war schwächer geworden, aber sie nahm ihn sofort war. Sie wollte ihn! Ihre rechte Hand fuhr unter ihren Rock und streichelte sich. Sie hatte es immer genossen. Wie hätte es ihr solchen Spaß bereiten können, wenn sie nur eine gefühllose Maschine war?
    
    Und Stefan? Hatte er bei NGC-355 in der Nähe von Rigel nicht seinen geliebten Frachter und sein eigenes Leben riskiert, um sie in dem havarierten Shuttle aus dem magnetischen Sturm zu retten. Und auf den Karmak-Monden hatte er seinen gesamten Lieferplan über den Haufen geworfen und eine horrende Konventionalstrafe gezahlt, weil sie wegen eines Streiks für sieben Tage auf dem falschen Mond gestrandet war. Für das Geld hätte er sich zehn neue Sexbots kaufen können. Ja, sie hatte sich immer zu 100 Prozent auf ihn verlassen, und diese Erwartung war nie enttäuscht worden.
    
    Und auch er, da war sie sich sicher, verließ sich auf sie. Vielleicht war sie nur eine Maschine. Aber sie war die einzige kleine Hoffnung, die ihm jetzt noch blieb. Ethische Grundsätze galten auch ...
    ... für Maschinen! Ja, sie würde alles tun, was in ihrer Macht stand, ihn zu finden.
    
    Sie holte ihre Hand aus dem Rock. Roch sie etwa nach Maschinenöl? Es war ihr egal. Sie stand auf und griff zum Display, welches über dem kleinen Schreibtisch hing.
    
    Es dauerte nicht lange, und auf dem kleinen holographischen Bildschirm erschien Doktor Krettol.
    
    "Ich will morgen noch einmal zu der Stelle fliegen."
    
    Krettol machte ein genervtes Gesicht. Aber sie nickte. "Ich werde alles veranlassen."
    
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    Narbengesicht wartete schon auf dem Flugplatz. Er war nicht gesprächiger als das letzte mal. Der Flug war angenehm. Der Himmel hatte sich etwas zugezogen und das gleißende Rosa der Felsen war einem angenehmen warmen Grau gewichen.
    
    Am Ziel stieg Sermo aus. Narbengesicht blieb sitzen und beobachtete sie. Abermals trat sie an die Stelle mit den Überresten des Plasmafeuers. Es war alles wie vor zwei Tagen. Keine Spur von ihm.
    
    Da gewahrte sie inmitten des matten Flecks Gebrannten Kalks drei dünne Linien, parallel nebeneinander und von unbeholfener Hand in das schwarze Puder, der auf dieser Stelle liegengeblieben war, geritzt: III
    
    Für eine halbe Sekunde war sie ratlos. Dann musste sie lachen. Sie lachte so laut, dass Narbengesicht es hören musste. Mit ihren Stiefeln trat sie in den Fleck und zertrampelte unauffällig die Zeichen. Ein Schritt nach vorne, und sie stand vor dem Abgrund. Drei mal rief sie. Dann kehrte sie zum Flieger zurück.
    
    Narbengesicht stellte keine Fragen und ...
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