1. Langes Wochenende


    Datum: 30.08.2019, Kategorien: Romantisch

    ... Arbeit suchen. Zum Studieren fehlt mir das Geld."
    
    "Da hätte ich einen Vorschlag", platze ich mit meinen Gedanken heraus. "Du arbeitest halbtags bei mir im Büro und nimmst mir den Schreibkram ab. Nebenbei studierst du. Ich würde dir bei der Einteilung der Arbeitszeit völlig freie Hand lassen. Du könntest sie perfekt deinem Studium anpassen."
    
    Anna schaut mich überrascht an. Sie scheint einen Moment lang überfordert zu sein. Vermutlich hat sie nicht an eine solche Lösung gedacht. Es ist schließlich auch etwas schwierig, Studium und einen normalen Job unter einen Hut zu bringen. Bei mir allerdings könnte sie den Job dem Studium anpassen.
    
    "Stefan, langsam! Was sollen die Leute von uns denken? Das gibt bestimmt dummes Gerede in der Firma, wenn ich tun und lassen darf, was ich will."
    
    "Das sagst ausgerechnet du!", pruste ich los. Ich kann mich vor Lachen kaum noch einkriegen.
    
    "Ich meine das ernst. Warum lachst du?", antwortet Anna ein wenig erbost. Sie glaubt, ich würde sie nicht ernst nehmen.
    
    "Du hast Michael vorhin im Glauben gelassen, wir würden miteinander schlafen. Dieses alte Tratschweib erzählt es ab Montag jedem in München, der es hören will oder nicht. Da brauchst du dir wegen deines Rufes keine Sorgen mehr machen."
    
    "Scheiße!", entfährt es Anna. Sie hält sich beschämt die Hand vor den Mund. "Daran habe ich nicht gedacht."
    
    Nach anfänglichem Ärger, lacht auch sie schließlich über die Situation. Sie so fröhlich zu sehen ist herrlich. Wenn ich an das ...
    ... ängstliche und besorgte Mädchen denke, das noch am Nachmittag bei mir im Eingangsbereich stand, kann ich diese Verwandlung kaum glauben.
    
    Da der Kellner mit der Nachspeise kommt, bricht unser Gespräch kurz ab. Während ich einen frischen Obstsalat bestellt habe, macht sich Anna über ihren Eisbecher mit Früchten her. Es ist faszinierend zu sehen, mit welchem Genuss sie isst.
    
    "Wie ist das Essen im Heim?", frage ich.
    
    "Ganz passabel. Könnte schlimmer sein."
    
    "Wie ist es sonst so, im Heim zu leben?
    
    "Ich habe eines der besseren erwischt. Die Leiterin ist zwar sehr streng und lässt keinen Fehler durchgehen. Sie meint es aber gut. Die Strenge hat wohl damit zu tun, dass sie Angst, um uns Mädchen hat. Sie fühlt sich für uns verantwortlich. Das finde ich gut", erzählt sie. "An sich geht es einem in diesem Heim nicht schlecht. Natürlich darf man keine hohen Ansprüche an das Leben stellen und Geschenke zu Weihnachten oder dem Geburtstag gibt es kaum. Doch materiell gesehen ist man halbwegs gut versorgt. Woran es allerdings fehlt, sind die Wärme und die Zuneigung, die nur Eltern ihren Kindern geben können."
    
    "Verstehe", antworte ich. "Es ist niemand da, der dich in den Arm nimmt, wenn es dir einmal schlecht geht."
    
    "Genau! Du verstehst mich."
    
    "Mir geht es seit dem Tod meiner Frau nicht viel anders."
    
    "Weißt du, was ich mich frage?"
    
    "Was denn?"
    
    "Warum ist ein Mann, wie du, allein?"
    
    "Ich bin nicht allein. Ich habe Werner."
    
    "Nun ja, versteh mich nicht falsch, ...
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