1. Langes Wochenende


    Datum: 30.08.2019, Kategorien: Romantisch

    ... aber der ist eher eine Belastung als eine Schulter zum Anlehnen."
    
    "Ich trage für ihn die Verantwortung. Als Vater muss man sich dieser Rolle stellen und die eigenen Wünsche hintenanstellen."
    
    "Aber wie kann es sein, dass du keine Frau oder Freundin hast. Du bist ein wunderbarer Mann."
    
    "Das sagst du", versuche ich mit einem Scherz die Situation zu entspannen. Das Gespräch hat eine Wende genommen, die ich mir so nicht erwartet habe.
    
    "Ich kenne dich erst ein paar Stunden. Aber ich kann nur von dir schwärmen."
    
    "Nun ja, am Anfang war die Trauer, da wollte ich keine neue Beziehung. Danach hatte ich wenig Zeit, da ich mich bemüht habe, so viel Zeit wie möglich, mit Werner zu verbringen. Er hatte die Mutter verloren und deshalb habe ich versucht, diese Leere zu füllen oder zumindest dafür zu sorgen, dass er sie nicht so stark spürt. Am Ende habe ich verlernt, wie man sich dem anderen Geschlecht gegenüber verhält."
    
    "Das glaube ich nicht."
    
    "Warum?"
    
    "Du weißt ganz genau, wie du eine Frau verwöhnen kannst. Ich wette, viele Frauen würden überglücklich sein, würden sie von ihren Männern nur annähernd so liebevoll behandelt, wie ich von dir verwöhnt werde. Dabei sind wir nicht einmal ein Paar."
    
    "Das stimmt doch nicht", winke ich ab.
    
    Anna schaut mich mit treuherzigen Augen an. Dann erhebt sie sich, beugt sich über den Tisch und küsst mich. Diesmal ist es ein etwas längerer Kuss, auch wenn es noch kein Zungenkuss ist.
    
    "Lass uns zum Boot gehen. Wir sollten ...
    ... früh schlafen gehen. Heute war ein langer Tag und morgen möchte ich früh aus den Federn, um endlich in See zu stechen."
    
    "Cool", antwortet Anna. "Ich freue mich schon so darauf."
    
    ---
    
    Ich liege in meinem Bett und lasse den Tag Revue passieren. Den Spaziergang zurück zum Schiff habe ich in vollen Zügen genossen. Anna hat sich bei mir untergehakt und mit ihrem Kopf gegen meine Schulter gelehnt. Zwischen uns herrscht eine Vertrautheit, wie ich sie nur mit meiner Frau erleben durfte.
    
    Zurück an Bord war die Situation ein wenig ungewohnt. Wir wussten beide nicht so recht, wie wir uns verhalten sollten. Wir haben uns schließlich eine Gute Nacht gewünscht und jeder ist in seiner Kajüte verschwunden. Ich habe gehört, wie Anna ins Bad gegangen ist und gewartet, bis sie fertig war. Erst dann habe auch ich mich geduscht und Zähne geputzt.
    
    Ich frage mich, was ich hätte anders machen können - oder sollen. Natürlich ist es ungewohnt, dass ein erwachsener Mann ein junges Mädchen, das seine Tochter sein könnte, einfach so zu einem Segeltörn einlädt. Doch angesichts der verzwickten Situation, wusste ich keinen anderen Ausweg. Und so abwegig kann mein Vorschlag dann auch nicht gewesen sein, sonst hätte sich Anna wohl kaum darauf eingelassen.
    
    Noch während ich meinen Gedanken nachhänge, höre ich, wie die Tür der Kabine leise geöffnet wird. Da durch die Bullaugen schwaches Licht vom Hafen ins Innere fällt, kann ich einen Schatten ausmachen, der auf mein Bett zueilt. Es ist ein zarter ...
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