Eine Bettlerin(?)
Datum: 31.08.2019,
Kategorien:
Erotische Verbindungen,
„Entschuldigen Sie bitte."
Ich kenne sie ja inzwischen alle. Ich meine nicht nicht die zerlumpte Osteuropäer, die gelegentlich hergekarrt werden, alles, was sie sich zusammengebettelt haben, abdrücken müssen und nichts behalten dürfen.
Nein, ich rede von den Schnorrern, die fast jedes Mal da sind, wenn ich am Bahnhof ankomme. Zum Beispiel der Junkie, der jede und jeden in einem weinerlichem Ton um etwas Geld angeht, angeblich damit er sich etwas zu Essen kaufen kann, weil er den ganzen Tag noch nichts gegessen hat. Je nach Drogenpegel wird er öfter auch hektisch bis unverschämt und beschimpft Passanten, die achtlos an ihm vorbeilaufen. Gelegentlich wartet um die Ecke sogar schon sein Dealer auf „sein" Geld.
Oder der literarisch Belesene im abgewetzten Anzug, der irgendwann abgestürzt sein muss und mir jedes Mal mit herzzerreißenden Geschichten ein paar Münzen aus der Tasche lockt.
Oder die junge rothaarige Frau, die offensichtlich auf der Straße lebt und immer vor dem selben Imbissstand wartet, bis sie genug Geld beisammen hat, um es sich tatsächlich in eine Mahlzeit anzulegen.
Oder der Bärtige im zerschlissenen Mantel „Ich bin leider obdachlos und brauche etwas Geld für Essen und Unterkunft."
Oder die Alte, die mit ihrem Rollator in der ganzen Stadt unterwegs ist, Pfandflaschen und -dosen sammelt und nur dann anfängt zu betteln, wenn sie nicht genügend Beute gefunden hat, um sich ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.
Wie gesagt, ich kenne sie alle, ...
... aber diese Frau hier war neu und anders.
„Entschuldigen Sie bitte."
Ich blickte auf.
„Hätten Sie vielleicht ein paar Cent für mich? Ich brauche nur noch 3 Euro dreißig, um mir etwas zu essen zu kaufen."
Ich schaute sie an. Soweit ich hinter ihrer FFP2-Maske erkennen konnte, machte sie einen zu gepflegten Eindruck, als dass sie auf der Straße leben würde. Während ich meine Geldbörse aus der Tasche holte und öffnete, schaute sie mich treuherzig an. Ich holte zwei 2 € Stücke heraus und legte sie in die ausgestreckte Hand. Sie blickte erst ungläubig auf die Münzen in ihrer Hand. Dann hob sie ihren Kopf und strahlte mich mit leuchtenden Augen an.
„Herzlichen Dank! Sie sind ein Engel"! Einen Moment lang sah sie mir zögernd tief in die Augen, wandte sich schließlich langsam um und setzte sich Richtung Ausgang in Bewegung.
Ich halte mich ja für einen nicht ganz üblen Kerl, aber „Engel" fand ich dann doch etwas übertrieben. Auch ich ging in die Bahnhofshalle und auf den Ausgang zu. Einige Meter vor mir ging sie aufrecht an den Kiosken im Bahnhofsgebäude vorbei, verließ den Bahnhof, überquerte den Busbahnhof auf dem Bahnhofsvorplatz und weiter in Richtung Stadtmitte.
Möglicherweise hatte ich mich doch in ihr getäuscht und sie wollte sich gar nichts zu essen kaufen. Na ja, wieder mal was dazu gelernt.
Ich weiß nicht warum, aber in diesem Moment fiel mir ein, dass ich noch ein paar Brötchen kaufen könnte, und folgte ihr. Eigentlich hätte ich das ja bei dem Bäcker im ...