1. Die Insel


    Datum: 04.10.2019, Kategorien: BDSM

    ... „Zur Habe Nahme" hieß die Überschrift. Eine interessante Wortschöpfung der Gefängnisbürokratie. Er ergriff den Stift und las den Text. Ein ungeduldiger dicker Finger tippte auf das Unterschriftsfeld und hinterließ einen dunklen Fleck, der sich langsam ausbreitete: „Hier, du Unterschrift. Name, schreiben, verstehn?" Maurizio unterschrieb. Der Bulle zog seine wenigen Haupthaare, die ihm noch geblieben waren demonstrativ hoch, blickte ihn an und vollbrachte die sprachliche Glanzleistung: „Du Friseur. Haare." (Gebärde) „Verstehn? Abschneiden!" (Gebärde) „Kollege dich mitnehmen." (Gebärde, auf eine andere uniformierte Gestalt deutend) Maurizio entfuhr: „Ich Tarzan. Du Jane?", und hätte sich gleich darauf auf die Zunge beißen können. Es war sicher nicht richtig, es sich gleich zu Anfang mit einem der Aufseher zu verderben. Der „Kollege", der ihn zum Friseur begleiten sollte hingegen brach in schallendes Gelächter aus und wandte sich zu ihm: „Na denn komm'se man mit, Herr Spazzolino", verzichtete aber auf weitere Kommentare. Der Chef der Asservatenkammer sah ihm wütend nach.
    
    Es ging durch gefühlte tausend Türen, von denen jede vor ihm auf und hinter ihm abgeschlossen wurde, vorbei an Käfigen, in denen uniformierte Gestalten gelangweilt auf Überwachungsmonitore und in die langen Flure starrten. Als sich die letzte Tür hinter ihm geschlossen hatte befand er sich in einem Raum, der mit einem Friseursalon immerhin soviel gemeinsam hatte, dass ein Frisierstuhl darin stand. Daneben ...
    ... ein hageres, aschgraues Männchen. Der erste Mensch, den Maurizio zu sehen bekam, der keine Uniform trug, seit er hier war. „Ein neuer Kollege", stellte ihn sein Begleiter vor, „Sie machen sich schon selber bekannt. Die übliche Prozedur." Maurizio bekam einen praktischen Kurzhaarschnitt verpasst. Der Friseur brauchte dazu nicht mehr als fünf Minuten. Das Meiste erledigte er mit einer Haarschneidemaschine. „Ich bin Horst, LL", stellte er sich vor. „Maurizio", erwiderte Maurizio, „aber was bedeutet LL?" - „Ach, bist wohl das erste Mal hier", stellte Horst fest, „LL ist die Abkürzung für lebenslänglich. Aber in drei Jahren sind fünfzehn Jahre um, dann kann ich vielleicht raus. Und was haben sie dir verpasst?" - „Fünf Jahre", antwortete Maurizio, der keinen Grund sah, damit hinterm Berg zu halten. „Immerhin", murmelte Horst anerkennend, als wachse hier das Ansehen mit der Höhe der Strafe.
    
    Schließlich wurde Maurizio auf seine „Station" gebracht, ein langer Trakt, von dem links und rechts Zellentüren abgingen. Nach vorne hin war der Trakt mit einem soliden Eisengitter versehen, in dem eine ebensolche Tür war. An das ständige Auf- und Zu-schließen musste er sich wohl gewöhnen. Im Vorbeigehen erhaschte er einen Blick in einen Kraftraum, mit Geräten und Hanteln, ein paar Schritte danach ein großer Raum mit Duschen. „Duschen können Sie in einer halben Stunde", beschied ihm der Schließer, „bis dahin räumen sie man ihre Zelle ein." Der Umgangston schien Maurizio recht menschlich zu ...
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