1. Sterne


    Datum: 09.12.2019, Kategorien: Romantisch

    ... hatten es geschafft.
    
    Einer der Roadies kam rein, wechselte kurz mit Danica ein paar Worte. Sie schüttelte den Kopf. Kam zu mir und wuschelte in meinem Haar. Carol hatte sich eng an mich geschmiegt, unsere Band wusste natürlich inzwischen längst über unsere Beziehung Bescheid.
    
    "Ihr wart fantastisch. Diesen Auftritt wird hier so schnell keiner vergessen."
    
    "Was wollte der Typ?", fragte ich neugierig, weil das eine der wenigen Szenen um mich herum gewesen war, die ich überhaupt noch bewusst wahrgenommen hatte.
    
    "Er hat gefragt, ob wir noch CDs haben."
    
    "Wieso, verkaufen sie sich gut?", fragte Carol beinahe naiv.
    
    "Sie sind alle weg. Alle 500 sind ihnen aus den Händen gerissen worden. Begreift ihr jetzt, wo das hingeht? Wo ihr jetzt schon seid?"
    
    Nein, so wirklich begriffen wir es noch nicht. ___
    
    Die weitere Tournee wurde ein einziger Triumphzug. Danica hatte Recht behalten. Wir schlugen wie eine Bombe ein. "Soon" kletterte jeden Tag davon weitere Plätze in den Charts. Bis es nichts mehr zu klettern gab. Die Plattenfirma reagierte. Schon in der vierten Stadt gab es keine lokalen Bands mehr. Drei Headliner. Wir spielten zweistündige Sets.
    
    Ticket-Kontingente, die zuvor noch frei geblieben waren, denn Hannover beispielsweise war nicht annähernd ausverkauft gewesen, verschwanden binnen kürzester Zeit und ein Teil wurde für horrende Summen auf Ebay ersteigert. Die Marketing-Maschinerie kam in Gang, Interviews mit Musikmagazinen, im Radio, im ...
    ... Fernsehen.
    
    Irgendwie wussten wir gar nicht, wie uns geschah, brach das alles so unvorbereitet auf uns ein, wie damals Carols Stimme auf mich. Man konnte sich der Geschichte nicht entziehen, es sollte so sein, aber dennoch war es anders, als wir erwartet hatten.
    
    Nichts kann man mit diesem Kick vergleichen, den man auf der Bühne bekommt. Wenn man spürt, was man mit den Zuschauern anstellt. Wie man sie mitnimmt. Mit ihnen und ihren Emotionen spielt. Seine eigenen mitteilt. Der Welt mitteilt. Man gewöhnt sich daran. Aber irgendwie auch wieder nicht.
    
    Es ist anstrengend. Weil man jedes Mal versucht sich und sein Bestes zu geben. Völlig. Vollständig. Es gibt viel zurück, aber es laugt auch aus. Dazu die körperliche Erschöpfung. Das Herumreisen. Und dann der ganze Zirkus drumherum. In der Mitte aber, im Auge des Hurricanes standen Carol und ich. Waren immer wieder in der Lage vom anderen Kraft zu tanken, Ruhe.
    
    War unsere Liebe das, was selbst diesen irrsinnigen Rausch des Erfolgs zu einer reinen Nebensächlichkeit degradierte. War das Wir mit seinem Ausdruck in unserer Musik das einzige, was zählte. Hielten wir uns an den Händen als uns diese Welle steil nach oben spülte, und verloren trotzdem nicht den Boden unter den Füßen.
    
    Und da war Danica. Biz is a bitch. Keiner wusste das besser, als sie. Die Industrie weiß um ihre Kurzlebigkeit. Heute ein Hit, morgen Shit. Drum rausholen, was rauszuholen geht. Noch schneller pushen. Und so viel von den dicken Scheinen einsacken, wie nur irgend geht. ...
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