1. Auseinandergelebt


    Datum: 15.12.2019, Kategorien: Sonstige,

    ... begehrte Strafverteidigerin, ihre Kanzlei brummte ab dem zweiten Monat. Fast zeitgleich, vor drei Jahren, mit dem Doktortitel erhielt ich die Chefarztstelle in der Chirurgie. Trotz der deutlich erhöhten Bezüge, mein sicheres Einkommen war nur noch ein Klacks gegenüber Claudias, aber das störte mich nicht.
    
    Noch immer suchte ich schon fast verzweifelt nach dem Beginn der Entfremdung. Im Bekanntenkreis war das Sexleben auch mit der Zeit sehr eingeschränkt worden, andere Werte zählten mehr. Aber nach längerem Überlegen stellte ich fest, der letzte Sex war schon über ein Jahr her. Auch davor waren wir nicht allzu aktiv gewesen, wenn ich da an die Anfänge denke. Mit glasigem Blick schaute ich in den Spiegel, die Tränen, meine Tränen zeigten mir, dass ich sie immer noch abgöttisch liebe. 'Nur nicht die Augen verschließen', schoss es mir durch den Kopf. Mich selbst hart ins Gericht nehmend, brachte mir auch keine Antwort.
    
    Sicher, mit der stetig gewachsenen Verantwortung, waren unsere freien Zeiten deutlich geschrumpft. Unsere freien Zeiten verbrachten wir auch heute noch zusammen, und doch war es ganz anders geworden. Unwohlsein und damit verbundene Rücksichtnahme, vielleicht findet sich ja hier ein Ansatz. Im Zeitraffer eines Schnelldurchlaufs, mein Gehirn sortierte schneller als meine Gedanken einhergingen, landete ich bei unserem Kenia Urlaub. Zu Anfang war es herrlich, das Wetter war angenehm und der Nationalpark ließ keine Wünsche offen. Dieser Zoo ohne Gitter, sich ...
    ... des erhöhten Risikos bewusst, war ein hinreißendes Erlebnis. Einzig der erkältete Reiseleiter störte, sein häufiges Niesen scheuchte einige Tiere davon. In der dritten Woche, leider konnte ich den Urlaub nicht länger dehnen, erkältete Claudia sich. Wieder in Deutschland zurück, Claudia suchte ihren Frauenarzt auf, wurden bei ihr die Röteln festgestellt.
    
    Damals hatte ich mir nichts weiter dabei gedacht, oftmals hatten Eltern es versäumt ihre Kinder Impfen zu lassen, griff ich mir nun die Fachliteratur. Obwohl nur überfliegend, in mir keimte ein grausamer Gedanke. Im Nachhinein war es dieser bombastische Urlaub, an dessen Folgen sich unser Glück verhakt hatte. Mit dem schlimmen Gefühl im Bauch, das Wochenende war überstanden, rief ich den Frauenarzt meiner Frau an.
    
    Eigentlich war es naiv von mir, hatte ich doch erhofft eine Auskunft zu bekommen. Die Krankenakte wegen eines Notfalls einzufordern konnte ich auch nicht, zu sehr würde der Ruf der Klinik bei Bekanntwerden darunter leiden. So prokastinierte ich mein Begehren, wartete auf eine passende Gelegenheit. Nur drei Tage später suchte eine von mir operierte Patientin, sie war neu in der Stadt, einen Frauenarzt. In meiner Freistunde fuhr ich sie zu Dr. Goller, inspizierte dabei die Räumlichkeiten. Was ich nicht bedachte, die installierten Kameras dienten auch zur nächtlichen Überwachung. In unserem Keller übte ich das Knacken von Schlössern, mein chirurgisches Feingefühl half mir schnell Erfolg zu haben. In der Nacht zum ...
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