1. Sajtschik / Wie man den Hasen fängt


    Datum: 21.12.2019, Kategorien: Schwule

    Nadelstiche, tausendfach auf der Haut und Schock und Schauer laufen Hand in Hand den Rücken entlang. Unten wird zu oben und oben zu unten. Eben noch versunken im lethargischen Tagtraum, reißt die Kälte mich aus meiner Trance. Kopf über Hals, ein tiefer Atemzug in der Dämmerung - kann es sein es ist mein Erster überhaupt? Neugeboren und Nass, mein Körper schwerelos und die Gänsehaut vibriert. Wo ist die Welt? Da, zwischen meinen Beinen zieht sie sich zusammen und wird zum Mittelpunkt der Erde. Oh lauer Sommerabend, du bist alles was noch bleibt.
    
    Fuck. Das sollte ich vielleicht aufschreiben. Hoffentlich kann ich mich später noch an die genauen Worte erinnern (werde ich nicht). Die schönsten Wörter und romantischsten Sätze kommen mir beim Schwimmen. Und nützen nichts. Im kalten Seewasser sind Stift und Papier obsolet und in meinem gelockten Chaoskopf herrscht seit jeher Amnesie, wenn nicht Zerstreutheit. Egal. Jetzt erst mal schweben. Nur ich und mein sommerliches Ritual, den heißen Tag im See zu beenden. Und hey, ich hab's echt tapfer durchgezogen, seit Juni schon. So gut wie jeden Tag unter der Woche. An den Bergsee geradelt, kurz vor Sonnenuntergang ins kristallklare Wasser gesprungen. Verschwitzt und müde müde müde müde (!) vom Tag und meistens auch leider vom Leben. Anfangs noch schüchtern, in meinen schwarzen Badeshorts, ganz langsam vom Ufer, Schritt für Schritt ins Tief hinein. Der Mondsee ist auch im Sommer kalt. Die Tage ziehen ins Land und ich mich aus (sogar ...
    ... meine Shorts). Ja, man könnte sagen, so langsam bin ich Profi im Nacktbaden.
    
    Will man seine Ruhe, geht man spät. Je später, desto besser. Zumindest unter der Woche. Hier und dort ein paar Jugendliche, wenn ich ankomme, ich schwimme meine Bahnen und bis ich aus dem Wasser steige, ist die verborgene kleine Bucht meist menschenleer. Selbst wenn nicht, ist doch egal. Schwimmen ist der beste Teil des Tages und der Einzige der mir gerade Freude bringt, da spring ich gern über meine vielen Schatten. Später werde ich nach Hause fahren und so tun als würde ich studieren, vergeblich nach den richtigen Worten und Sätzen in meinem Kopf suchen und dabei an Dima denken. Vielleicht wird er mir sogar schreiben und mir unanständige Geheimnisse entlocken, während ich versuche, meine Schamesröte aus dem Gesicht weg zu lachen. Es wird mir nicht gelingen. Und ich werde mir wünschen ihn endlich kennenzulernen, nach wochenlangem Schreiben, mir vorstellen sein Haar zu streicheln und davon träumen in seinen Armen zu liegen. Leider wohnt er fernab und ist erst im Herbst wieder hier um zu arbeiten (traurig). Dann aber, wollen wir uns treffen. Uns gegenseitig ausziehen. Uns alles abverlangen. Bis dahin schreiben wir uns jene perversen Fantasien, die man besser nicht laut liest. Anscheinend nennt man das Sexting. Whatever. Machen wir auch nur die Hälfte von dem, was wir uns da schreiben, werde ich nie wieder in einen Spiegel schauen können. Kein Scheiß. Und Baby... ich kann's kaum erwarten.
    
    Die ...
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