Sajtschik / Wie man den Hasen fängt
Datum: 21.12.2019,
Kategorien:
Schwule
... Abendröte wird langsam blau, meine Lippen auch, ich bin weiter als sonst rausgeschwommen und zittere bereits am ganzen Leib. Schluss für heute, okay? Die Bucht scheint leer zu sein. Perfekt. Kurz nackt in der Abendluft trocknen und ab nach Hause. Hoch auf den Steg und auf die Wiese, wo mein Handtuch, der warme Bruder, auf mich wartet. Denk ich mir so. Aber es ist nicht mein Handtuch, das da wartet. Von der leeren grünen Wiese aus winkt die... Panik (?!) mir fröhlich entgegen (!!). FUCK. Wo sind meine Sachen? Oh bitte sag, dass das nicht wahr ist! Weit und breit keine Seele. Und keine Sachen. Meine Sachen. Gott verdammt, was mach ich jetzt nur? Splitterfasernackt, sogar meine Schuhe haben die Wichser mitgenommen. Was hatte ich alles dabei? Handy, Geldbeutel (wenn auch wie immer leer), mein Schlüssel... Oh nein! Meine Schlüssel! Ohne die kann ich mein Fahrrad nicht entsperren. Zu Fuß ist es mindestens eine Stunde bis nach Hause. Nackt! Ich kann doch nicht nackt durch die Straßen laufen, bis zu meiner Haustür! Und apropos Haustür: Wie zur Hölle komm ich eigentlich in meine Wohnung?! Okay, kühlen Kopf bewahren (wie?!), vielleicht wollte mir jemand nur einen Streich spielen. Die Hände meinen Schwanz bedeckend geh ich in Richtung Straße, es ist ja noch nicht dunkel und aus der Ferne sehe ich bereits ein geparktes Auto. Schwarzer Audi, tiefergelegt. Scheißproletenkarre. Gerade 18 geworden oder was? Auf der Motorhaube sitzt ein Jemand, mit dem Rücken zu mir, vertieft ins Handy. ...
... Oh Mann, was mach ich nur? Einfach ansprechen? Ich bin nackt verflucht noch mal. Auf jeden Fall ist es ein Typ. Breite Schultern und kahl rasierter Schädel. Moment mal. Das ist doch Ali?!
Ali (not real name) saß doch vorhin am See, zusammen mit anderen Vorstadtgangstern im Sitzkreis die Shisha in deren Mitte huldigend. Vier oder fünf Kerle, die Art, die man nachts nicht alleine treffen will -- zusammengerechnet bestimmt einen IQ von einem Laib Brot. Keiner älter als achtzehn, neunzehn, zwanzig oder was weiß ich. Jedenfalls heißt Ali, Ali, weil ich seinen richtigen Namen nicht kenne, er mir aber aufgefallen ist, da er zum Verwechseln ähnlich ausschaut wie Alexander Ruscher aus der siebten Klasse. Und Alexander Ruscher wiederum, hatte im Laufe seines pubertären Werdegangs beschlossen, dass es eine gute Idee wäre, eine seitens der Ideologie eher bescheiden motivierte, vom Fashion Standpunkt aber durchaus erwähnenswerte, Teenager Skinhead Phase zu durchlaufen. Durch sogenannte falsche Freunde und eine alleinerziehende Mutter, die abwechselnd entweder überfordert oder desinteressiert war, kam er also eines Tages nach den Sommerferien zurück in die Schule und war für gefühlt einen halben Tag das Sensationsthema unserer Jahrgangsstufe.
In seinem jugendlichen Übereifer hatte er nämlich die komplette Neonazi-Montur aufgefahren: Schlechtsitzende Bundeswehr Hosen, ein T-Shirt mit groß aufgedruckten LoNSDAle Label (natürlich mit offen getragenem schwarzen Hoodie darüber), weiß ...