1. Patchworkfamilie


    Datum: 07.10.2018, Kategorien: Erstes Mal

    Eigentlich hatte ich vor gehabt, nach meinem achtzehnten Geburtstag auszuziehen. Ich hatte mich schon beim Amt erkundigt. Neben meiner Halbwaisenrente und dem Kindergeld, hätte ich Anspruch auf HartzIV Unterstützung. Meine beiden Brüder, zwölf und fünfzehn, wären dann aber mit Vater und seiner Neuen allein gewesen.
    
    Nach Mamas Tod vor zwei Jahren, ein tragischer Verkehrsunfall, hatte ich so gut es ging, die Mutterrolle übernommen. Vater ging nur noch zur Arbeit und lebte neben uns, nicht mit uns. Vor knapp acht Wochen, zwei Tage vor meinem Geburtstag, hatte er eine Frau (Witwe) kennengelernt. Die sollte nun schon heute mitsamt Tochter hier einziehen. Also hatte ich beschlossen in der Patchworkfamilie zu bleiben um gegebenenfalls meinen Brüdern zu helfen. Das Vater sich eine neue Lebensgefährtin suchte fand ich ja gut. Aber musste sie nach so kurzer Zeit hier einziehen? Wir, meine Brüder und ich hatten sie erst einmal gesehen, da war sie zum Kaffee hier.
    
    Die Tochter kannten wir gar nicht. Ramona, siebzehn, sollte ein eigenes Zimmer bekommen, daher musste mein älterer, jüngerer Bruder, mit zu mir ins Zimmer ziehen. Gespannt warteten wir auf die Ankunft der neuen Mitbewohner.
    
    Relativ emotionslos wurde uns Ramona vorgestellt. Angela, Vaters Neue, hatte zumindest unsere Namen behalten, wenn auch die Zuordnung nicht stimmte. Schnell korrigierte Vater:
    
    „Ralf ist zwölf, Ansgar fünfzehn und Benjamin achtzehn.“
    
    Wir reichten jeweils Ramona die Hand, das Abtasten nahm ...
    ... seinen Lauf. Es war nicht gerade die pure Begeisterung, eher Entsetzen, ob des doch sehr kleinen Zimmers. Ramonas Gesicht sprach Bände.
    
    „Tut mir leid, aber Ansgar und ich teilen uns jetzt das selbe Zimmer.“
    
    Ich öffnete die Tür zu meinem Zimmer, so dass Ramona ihre bessere Stellung begriff. Ein Anflug von Lächeln war kurz auf ihrem Gesicht zu sehen, dann ging sie in ihr Zimmer und schloss die Tür.
    
    Für alle war die Umstellung nicht leicht, aber meine Befürchtungen, Ramona würde eine Sonderbehandlung durch die Erwachsenen bekommen, traten nicht ein. Angela wurde zu meiner Überraschung schnell eine Bezugsperson für Ralf, selbst Ansgar näherte sich an. Da sie mich nicht einengte, kam ich auch mit Angela klar.
    
    Nur Ramona hatte sich etwas abgekapselt. Sie hatte jetzt in den Ferien ihren Freundeskreis verlassen müssen, ab Morgen würde sie in eine neue Schule gehen. Da sie bis auf ein Fach gleich gewählt hatte, würden wir uns vielleicht unterstützen können. Beide waren wir in der zwölf, nur sie jetzt an einer neuen Schule.
    
    Um neun Uhr des nächsten Tages warteten alle gespannt auf Dr. Reichs, der den Biokurs leitete. Aber der hatte heute jemanden neues im Schlepptau, Ramona wurde kurz vorgestellt. Dann sollte sie sich einen Platz aussuchen. Sie ließ einmal kurz den Blick schweifen, die anderen Mädels machten schon eine ablehnende Haltung, doch Ramona würdigte sie keines Blickes. Sie nahm ihre Tasche und setzte sich neben mich.
    
    Einigen meiner Mitschüler fielen die Augen ...
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