1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... war, etwa zu sehen, zu sehr verschwamm es mir vor den Augen, so konnte ich trotzdem noch erkennen, wie sich ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen.
    
    Später wischte ich ihr mit einem Tuch das Gesicht ab, nahm die Waschschüssel wie schon einmal und wusch sie damit sorgfältig sauber. Nichts sollte von mir an ihr kleben bleiben. Erst als ich damit fertig war, öffnete sie wieder ihre Augen und schien innerlich zu strahlen.
    
    "Ich hoffe, es hat euch gefallen. Es würde mir eine große Freude sein, euch glücklich zu machen. Seht es als Dank dafür an, was ihr für mich getan habt. Bitte lasst mich euch noch öfter einen Hochgenuss zukommen. Ihr werdet es nicht bereuen!"
    
    Ich glaube nicht, dass es einen Mann gegeben hätte, der jetzt abgelehnt hätte. Einem solchen Angebot konnte man nicht widerstehen. Die Tür zu einem Palast war bereits aufgemacht worden und ich war gerade dabei, hindurch zu schreiten. Was wollte ich mehr.
    
    Den nächsten Tag kümmerte ich mich darum, größere Mengen an Gewürzen zu organisieren. Im Laden wunderte man sich ein wenig und fragte mich, ob ich selber einen Laden aufmachen wollte. Meine ablehnende Antwort war fast seltsamer, als wenn ich zugestimmt hätte. Aber Geschäft ist Geschäft. Irgendwann fragt man nicht mehr und nimmt es so hin.
    
    Zusätzlich kaufte ich in der Umgebung noch ein, was zu bekommen war. Die größere Bestellung würde erst ein paar Tage später kommen. Diese Einkäufe würde mir Klaras Vater noch etwas gewogener machen, davon war ich ...
    ... überzeugt.
    
    So gesehen war ich über alle Maße zufrieden. Das Einzige was mir Sorgen machten war der Spiegel, besser gesagt der Rahmen. Schon ein Viertel des Rahmens hatte seine Vergoldung verloren. Es ging leider schneller als ich es gehofft hatte. Unter diesen Umständen würde es nicht lange halten. Je öfter ich durch ihn hindurch ging, umso schneller pellte das Metall ab. Dabei wurde mir eines klar.
    
    Es spielte keine Rolle, wie lange ich in der anderen Welt blieb, sondern wie oft ich hindurchging. Jedes Mal wenn ich es tat, blätterte in etwa dieselbe Menge ab. Somit versuchte ich nur hinüberzugehen, wenn es sich auch wirklich lohnte. Nur für einen Moment war es zu schade.
    
    Was dem entgegen stand, war Klara selber. Sie war die Verlockung, der ich kaum widerstehen konnte. Sicher, wir sprachen auch miteinander, ohne dass ich bei ihr war, aber das war nichts im Gegensatz zu dem, wirklich bei ihr zu sein. Es zog mich geradezu auf ihre Seite. Schon die Freude, die sie daran empfand, wenn ich bei ihr war, war für mich eine Entlohnung der besonderen Art. Ich mochte sie über alle Maße hinweg. So intensiv hatte ich es noch bei keiner meiner Beziehungen gespürt. Das musste die wahre Liebe sein. Sehnsucht nach jemandem zu haben war so süß und sauer zugleich. Süß, wenn man denjenigen um sich hatte, sauer, wenn er einem fehlte. Dabei ging es uns beiden so. Wir konnten einfach nicht anders.
    
    Schon einen Tag später brachte ich meine neusten Einkäufe zu Klara und sie nahm sie dankend an. Diese ...
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