1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... nur die vorderste Reihe ließ ich stehen. Als ich das letzte mal im Keller war, die Reste holen, wandte ich mich den beiden Kisten zu, die an der anderen Wand standen. Zuvor hatte ich sie nicht mehr beachtet, denn mein Augenmerk war auf das viele Gold gerichtet.
    
    Als ich näher an eine der Kisten trat, verstärkte sich der merkwürdige Geruch, den ich zuvor schon wahrgenommen hatte. Er erinnerte mich an etwas, aber da er nicht stark genug war, konnte ich es nicht definieren. In meinem Langzeitgedächtnis hatte sich nur engegraben, dass dieser Geruch nichts gutes bedeutet. Unschlüssig stand ich vor der Kiste und starrte die von oben herab an. Dabei fragte ich mich wirklich, ob ich sie überhaupt öffnen sollte. Ich hatte mehr als genug und brauchte nichts, was immer auch darin war.
    
    Ich ging in die Knie und sah sie mir genauer an. Es lag eine Staubschicht auf dem Deckel, und da ich keine Fingerabdrücke sah, wahren sie wohl schon lange nicht mehr geöffnet worden.
    
    Näher ging ich an den Deckel heran und damit an den feinen Schlitz, der den Deckel vom Unterteil trennte.
    
    Der Geruch wurde intensiver und ich wusste wieder, woher ich ihn kannte. Sofort kam die Erinnerung wieder und ich hätte mich beinahe übergeben. Dieser Geruch war definitiv einer von denen, die man nicht vergisst.
    
    Als Jugendlicher hatte ich einen Freund gehabt, dessen Vater ein Bestattungsinstitut hatte. Dieser hatte uns einmal mit zu einer Umbettung genommen, denn wir fanden es aufregend und wollten es uns ...
    ... unbedingt einmal anschauen. Normalerweise fand so etwas unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, doch wir durften dabei sein.
    
    Es ging auch alles soweit gut, der Sarg war noch relativ neu, und als er mit Hilfe eines Gabelstaplers und mehrere Seile aus dem Grab gehoben wurde, verlief auch noch alles normal. Aus irgendeinem Grund drehte aber der Gabelstapler zu schnell, da der Staplerfahrer sich am entsprechend Hebel verheddert hatte. Mit Schwung drehte sich das Fahrzeug und der Sarg rutschte aufgrund dieser plötzlichen und zu schnellen Drehung aus den Seilen.
    
    Dieser Belastung war die Kiste nicht gewachsen. Sie prallte mit einem Ende auf den Boden und sprang auf.
    
    Dummerweise landete der Sarg keine drei Meter von meinem Freund und mir auf dem Boden und wir standen im Wind. Der Anblick von dem, was uns da entgegenkam, war wenig erfreulich, um es einmal nett zu formulieren, aber der Geruch war nicht zu übertreffen. Ich glaube, diesen werde ich niemals vergessen.
    
    Genau diese Begebenheit kam jetzt wieder hoch und ich erkannte den Geruch von verwesendem Fleisch. Ich war nur froh darüber, dass ich am Morgen nur wenige gegessen hatte, von daher kam es mir nicht gleich hoch, auch wenn ich würgen musste.
    
    Als Zweites schoss mir in den Kopf, dass bei dem belauschten Gespräch am Ofen die Rede von zweien gewesen war, die beseitigt worden waren. Da würde sich damit decken, dass hier zwei Kisten standen. Auch kam mir wieder in den Sinn, dass Elisabeth mit irgendwem geredet hatte, ...
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