1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... Seite ein Gegenstück von meinem war.
    
    Sich davon lösend, schüttelte sie sich einmal, als wenn sie fror, und schaute wieder in meine Richtung. Die Neugierde war in ihren Augen zu lesen, aber noch mehr. Sie lagen tiefer als zuvor und sie sah fiebrig aus. Ihre Haare waren nicht gemacht und Marie wirkte krank. Man konnte es förmlich sehen, dass es ihr nicht gut ging. Trotzdem stand sie vor mir.
    
    "Hallo, hört ihr mich?", kam es nur ganz leise und verstohlen aus ihrem Mund. So wie Klara sie beschrieben hatte hörte sie sich auch an. Zögerlich und unentschlossen.
    
    "Ja!", antwortete ich ihr und war gespannt darauf, was sie tun würde.
    
    Sie sah geradeaus und zuckt einmal zusammen.
    
    "Entschuldigt mich, aber ich wollte es mit eigenen Ohren hören. Klara hatte Andeutungen gemacht, dass sie sich mit euch unterhalten könnte. Das habe ich ihr aber nicht geglaubt. Doch jetzt ist es klar!"
    
    "Mädchen!", sagte ich in einem möglichst ruhigen Ton: "Du gehörst ins Bett. Man kann gut sehen, dass es dir nicht gut geht!"
    
    "Ihr könnt mich also sehen. Das hatte ich auch nicht geglaubt. Bitte verzeiht mir, dass ich es mir selber ansehen musste. Ich musste es einfach, es ließ mir keine Ruhe!"
    
    Marie hatte ihren Kopf gesenkt und starrte zu Boden. Sie schien noch etwas auf dem Herzen zu haben, konnte es aber anscheinend nicht sagen. Darum half ich ihr ein wenig auf die Sprünge.
    
    "Es sieht so aus, als wenn du noch etwas auf dem Herzen hast. Du kannst es mir ruhig sagen, ich sage es nicht ...
    ... weiter!"
    
    Diesen Satz sprach ich möglichst geheimnisvoll aus, damit sie mir vertraute.
    
    Marie druckste noch etwas herum, es fiel ihr schwer zu fallen etwas auszusprechen, doch dann überwand sie sich doch und hob ihren Kopf. Leicht zitterten ihre Lippen, als sie fragte. "Findet ihr mich hübsch?" Dabei sah sie mit großen Augen in meine Richtung und hatte einen erwartungsvollen Blick aufgesetzt.
    
    Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Wie kam sie auf einmal auf so etwas. Ich war für mehrere Sekunden sprachlos. Dabei musste ich nur bei der Wahrheit bleiben und genau das tat ich auch.
    
    "Du bist eine sehr hübsche Frau und jeder Mann kann sich glücklich schätzen, der dich einmal bekommt. Warum fragst du?"
    
    "Das andere Personal im Haus mag mich nicht. Sie triezen mich immer und nennen mich eine hässliche Ratte. Da ich niemanden anderes Fragen kann, habe ich mir gedacht, euch zu fragen. Klara hatte mir gesagt, dass ihr sehr gut zuhören könnt und sie sehr gut mit euch reden kann.
    
    Ich danke euch für euer Urteil. Bitte verzeiht mir noch einmal. Ich werde euch nicht weiter stören!"
    
    Damit schlich sie sich wieder davon und Sekunden später hörte ich wieder die Tür ins Schloss fallen.
    
    Ich schüttelte nur einmal mit dem Kopf. Konnte es nicht verstehen, würde es wohl auch später nicht. Eins wurde mir dabei aber bewusst. Ich musste gut aufpassen bei meinen Experimenten. Es würde seltsam aussehen, wenn ein Teil von mir, und wenn es nur mein Arm war, aus dem Spiegel ...
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