1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... herausschaute, wenn jemand ins Zimmer kam. Mir wäre zumindest ein großer Schrecken in die Glieder gefahren, wenn ich das unvorhergesehen entdecken würde.
    
    Für diesen Tag ließ ich es dabei bewenden. Ich hatte Zeit, wollte nichts überstürzen, damit ich nichts übersah. Wenn ich zu schnell vorging, konnte etwas passieren, was ich nicht wollte.
    
    Bis Klara wieder erschien, wurde der Tag lang. Ich las währenddessen ein Buch und die aktuelle Zeitung. Auch das Fernsehprogramm wurde in Augenschein genommen, aber wie immer, war dort nichts drin, was mich auch nur am Rande interessiert hätte.
    
    Egal wo ich hinging. Ich hatte Klaras Brosche immer bei mir in der Hosentasche. So manches Mal nahm ich sie heraus und sah sie mir nachdenklich an. Sie hatte ein florales Muster und einen kleinen, blutroten Stein in der Mitte. Rubin, Granat oder etwas in der Richtung. Unterscheiden konnte ich sie nicht. Es sah einfach nur hübsch aus. An ihrem blauen oder grünen Kleid hätte es sicher gut ausgesehen, hätte sich vom Untergrund stark abgehoben. Alle Blicke hätten sich darauf konzentriert.
    
    Langsam wurde es langweilig und ich wollte gerade wieder auf meinen Beobachtungsposten gehen, als es unerwartet klingelt. Da ich niemanden erwartete, ging ich davon aus, dass es niemand war, den ich erwartete, von daher hielt ich es nicht für nötig, nachzusehen. Als es dann aber noch einmal schellte, erhob ich mich, denn ich wurde neugierig. Immerhin klingelten die meisten Menschen keine zwei Male.
    
    Ich war ...
    ... mehr als überrascht, als der alte Mann vom Trödelmarkt vor der Tür stand. Erwartet hatte ich ihn nicht mehr, trotzdem war das Geld noch da, was er zu bekommen hatte.
    
    "Hallo!", meinte ich und sah ihn erwartungsvoll an. "Wie geht es ihnen? Sicher möchten sie noch die Bezahlung abholen?"
    
    Er sah mich an und ich bemerkte ziemlich schnell, dass es ihm wohl nicht sonderlich gut ging. Seitdem ich ihn das eine Mal gesehen hatte, hatte er sich verändert. Die Wangen waren eingefallen und die Haare unordentlicher als zuvor. Vielleicht war er krank.
    
    Er stand nur da und sah mich mit blutunterlaufenen Augen an. Dann räusperte er sich und sagte mit einer kratzenden Stimme: "Nein, ich bin nicht wegen der Bezahlung da. Ich möchte nur noch einmal den Spiegel sehen, den ich ihnen verkauft habe. Ein letztes Mal. Haben sie ihn restauriert?"
    
    Ich nickte, macht ihm aber zugleich Platz, damit er eintreten konnte. Dann wies ich ihm den Weg zum Schlafzimmer. In mir hatte sich die Meinung breitgemacht, dass er es verdient hatte. Immerhin wollte er keine Bezahlung für das gute Stück.
    
    Als ich die Tür zum Schlafzimmer aufmachte, sah er mich mit einem breiten Grinsen von der Seite an.
    
    "Dann haben sie es also herausbekommen! Die Dunkelheit verrät sie! War auch sicher nicht schwer. Ich hoffe er wird ihnen Glück bringen! Darf ich einen Moment mit ihm alleine sein?"
    
    "Dürfen sie, aber es wäre schön, wenn sie mir mehr über ihn erzählen könnten. Immerhin ist er ja nicht gerade gewöhnlich. Oder ...
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