1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... irgendwie niedlich. Sie griff sich mehrmals in die hoch aufgesteckten Haare, die natürlich ihre Form verloren. Wirr hingen sie durcheinander und machten aus Klara, langsam aber sicher, einen zerzausten Besen.
    
    Ich musste lachen, konnte es einfach nicht zurückhalten, denn sie führte sich auf, wie ein wild gewordenes Etwas.
    
    Klara blieb in ihrer Bewegung einfach stehen, als sie mich lachen hörte. Sie drehte nur ihren Kopf in meine Richtung und funkelte mich an. "Männer!", kam es in einem verachtendem Ton, über ihre Lippen. Dabei sah sie aus, als wenn sie mich fressen wollte. Temperamentvoll, dachte ich nur, behielt es aber für mich.
    
    Dann kam sie auf den Spiegel zu und sah auf eines der Tischchen, dann auf den anderen.
    
    "Wo ist das olle Ding nur?", fragte sie sich selber. Dann beugte sie sich herunter und sah unter die Tischchen.
    
    "Habt ihr es vielleicht gesehen? Eine kleine silberne Brosche, etwa so groß!", dabei spreizte sie Zeigefinger und Daumen auseinander, um die Größe anzuzeigen.
    
    Ich wusste genau, was sie damit meinte, hielt ich die Brosche doch gerade in der Hand.
    
    Was konnte ich anderes als tun als erneut lügen: "Nein, habe ich nicht gesehen!" Um noch eines darauf zu tun, sagte ich noch herausfordernd: "Man soll seine Sachen eben nicht überall herumliegen lassen, wo man sie nicht wiederfindet!"
    
    Damit hatte ich den Vogel abgeschossen und war froh darüber, dass ich auf der anderen Seite saß. Wäre ich körperlich anwesend gewesen, dann hätte mir Klara ...
    ... sicher etwas an den Kopf geworfen. Mangels Anwesenheit und Wurfobjekt kam ich aber noch einmal glimpflich davon. Klara schnaubte nur noch einmal und rannte dann, ohne mich eines weitern Blickes zu würdigen, aus dem Raum. Kaum war sie gegangen, drückte ich meinen Arm ein weiteres Mal durch das Glas und legte die Brosche mitten auf den Tisch.
    
    Gespannt wartend setzte sich mich auf meinen Stuhl. Klara würde sicher bald wiederkommen und darauf freute ich mich. Kaum fünf Minuten später war es soweit. Klara stürmte erneut in das Zimmer und starrte auf einmal wie gebannt auf das Tischchen.
    
    "Da ist das olle Ding ja. Eigentlich schon fast schade. Es hätte mich fast gefreut, wenn es verschwunden wäre!"
    
    "Tja, man muss halt besser schauen, dann übersieht man auch nicht so viel!", kam von mir und ich grinste in mich hinein.
    
    Um es kurz zu sagen, Klara würdigte mich die nächste Zeit keines Blickes mehr. Sie war eingeschnappt und lies es mich spüren. Sie behandelte mich wie Luft, als wenn ich gar nicht da gewesen wäre. Also sprach ich sie nicht mehr an, verhielt mich ganz ruhig und sah ihr dabei zu, was sie auch gerade tat. Das war nichts Besonderes, um es genauer zu sagen, las sie ein Buch. Was für eines konnte ich nicht erkennen. Dafür war sie zu weit weg.
    
    Erst zwei Stunden später klappte sie das Buch zu und kam zu mir herüber. Ohne auf das Vorherige einzugehen, sagte sie: "Die blöde Brosche ist von der Großmutter meines Zukünftigen. Ich soll sie auf der Hochzeit tragen. Dabei ...
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