Spieglein, Spieglein ...
Datum: 30.01.2020,
Kategorien:
Sonstige,
... stand: Antibio... der Rest war abgetrennt. Es war ein kleines Fitzelchen von der Alufolie der Tabletten, die ich ihr gegeben hatte. Es musste heruntergefallen sein, als ich eine der Tabletten aus der Verpackung gedrückt hatte. Daran hatte ich natürlich nicht gedacht. Nun lag es bei Klara auf dem Finger und ließ sich nicht verleugnen. Aluminium, ein Metall der Neuzeit. So etwas durfte es noch gar nicht geben in ihrer Zeit.
Ich richtete mich auf und sah ihr in die auf mich gerichteten, vertränten Augen.
Wie sollte ich es ihr nur erklären. Damit hatte ich nicht gerechnet. Vielleicht war es aber auch gut so. Irgendwann wäre es sicher herausgekommen, warum nicht jetzt. Ich brauchte das Spiel nicht mehr spielen. Warum ich es überhaupt angefangen hatte, wusste ich selber nicht so genau. Vielleicht hatte ich selber Angst vor der Zukunft gehabt. Es besser so gefunden, wie es bis jetzt war. Ich wusste es selber nicht.
Bevor ich etwas sagen konnte, zog Klara einmal ihre Nase hoch und wischte sich über die Augen.
"Ist es wahr, dass ihr, als ich krank war, bei mir gewesen seid? Gabt ihr mir zu trinken und noch etwas anderes, was wie eine Tablette aussah? Gabt ihr mir einen Kuss auf die Stirn oder war alles nur ein Traum? Bitte sagt mir, wie es gewesen ist!"
Der Ausdruck in ihren Augen war flehend, anders konnte man es nicht mehr sagen und ich war nicht mehr in der Lage diesem Blick zu entgehen.
"Ja, ich war bei dir, ich gab dir ein Medikament, damit du wieder gesund ...
... wurdest!"
"Dann habt ihr mich die ganze Zeit angelogen. Ihr seid nicht im Spiegel gefangen so, wie ihr gesagt habt. Alles nur eine große Lüge!"
Man konnte die Enttäuschung in ihrem Gesicht sehen, aber zugleich auch noch etwas anderes. Andere wären zornig geworden, Klara aber nicht. Irgendetwas hielt sie davon ab.
Erneut wischte sie sich die Tränen aus den Augen und schniefte einmal.
"Könnt ihr noch einmal hierher kommen? Ich möchte euch so gerne sehen können. Würdet ihr mir die Bitte erfüllen? Ich wünsche es mir so sehr!"
Wie hätte ich da widerstehen können. Auch wenn ich nicht gerade vorteilhaft angezogen war, sprich in Trainingshose und T-Shirt. Aber ich glaube, ich hätte anziehen können, was ich wollte. Es hätte niemals gepasst.
"Gehe bitte einen Schritt weiter zurück!", sagte ich zu Klara und sie tat es zögerlich.
"Nicht erschrecken!", meinte ich nur und drückte meine Hand gegen die Scheibe.
Das bekannte Knirschen erklang und meine Hand flutschte durch die Scheibe. Klara erschreckte sich trotzdem. Sie zuckte zusammen und sah ungläubig auf meine Hand, der der Arm folgte.
Vorsichtshalber ging sie noch einen Schritt weiter zurück, blieb dann aber wie angewurzelt stehen. Nun bekam sie mit, wie sich langsam immer mehr von mir durch die Scheibe schälte. Nur wenige Sekunden später stand ich vor ihr und sie sah mich ungläubig an. Sofort traten wieder Tränen in ihre Augen und sie stürzte geradezu auf mich zu. Ihre Umarmung war fest, klammerte sich an mir ...