1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... fest und brach erneut in Tränen aus. Sie schluchzte, während ihr Kopf an meiner Brust lang.
    
    Ich war mit der Situation vollkommen überfordert. So etwas hatte ich noch nicht erlebt. Aus Reaktion legte ich meine Arme um sie und streichelte ihr sanft über den Rücken. Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten wir ewig so stehen können. Weder Klara noch ich wollten diesen Moment beenden lassen. Wir kamen uns so vertraut vor, als wenn wir uns schon ewig kennen würden.
    
    Nur widerwillig löste Klara sich von mir, hielt mich noch einem Moment in ihre Armen und hob ihren Kopf von meiner Brust, um mir in die Augen zu schauen.
    
    "Ihr seid genauso, wie ich mir euch vorgestellt habe. Euch so zu sehen, ist etwas ganz anderes als durch den Spiegel. Jetzt wird alles gut!"
    
    Mir wurde erneut heiß. Wie konnte sie das sagen.
    
    "Klara!", sagte ich und sah ihr dabei tief in die geröteten Augen, "Auch wenn ich aus dem Spiegel komme und deine Krankheit geheilt habe, so bin ich nicht reich. Ich kann nicht bieten, was du dir erhoffst. Verstehe das bitte!"
    
    In Klaras Blick konnte ich erkennen, dass jetzt so etwas wie Trotz die Regierung übernahm. Sie ließ ihre Unterlippen hervorquellen und kräuselte die Stirn.
    
    "Wer aus Spiegeln kommt, der kann alles. Schaut euch an, ihr seht vollkommen anders aus als wir, also muss es für euch doch eine Möglichkeit geben!"
    
    Auf einmal hellte sich ihr Gesicht merklich auf, als wenn ihr eine Idee gekommen war.
    
    "Nehmt mich einfach mit in den Spiegel. Dann ...
    ... kann mich keiner mehr finden und ich kann bei euch wohnen!"
    
    Erneute Hoffnung keimte in ihr auf und ich meinte sogar, ihr Herz schneller schlagen zu spüren. Aber wie hatte der Voreigentümer des Spiegels noch gesagt. Nur der Eigentümer konnte durch den Spiegel gehen. Ich glaubte ihm das, denn warum hätte er mich belügen sollen.
    
    Langsam schüttelte ich den Kopf und Klaras Hoffnungsschimmer verschwand wieder aus ihrem Gesicht.
    
    "Es ist alles so verwirrend für mich! Ich kann gar nicht mehr richtig denken. Warum ist das nur alles so, warum kann ich nicht einfach so leben, wie ich es gerne möchte?"
    
    Eine Frage, die ich ihr auch nicht beantworten konnte. Das Leben war eben nicht immer gerecht, im Gegenteil. Es verarschte einen immer wieder. Das kannte ich aus eigener Erfahrung.
    
    Auf einmal hörten wir so etwas wie Lärm vor der Tür. Klara löste sich augenblicklich von mir und stürmte zur Tür. Ich hingegen rannte zum Spiegel und war wenige Sekunden später wieder darin verschwunden. Gerade noch rechtzeitig genug, denn auf einmal kam Klaras Vater hereingestürmt und sah sich um. Klara stelle sich ihm in den Weg, aber er schob sei einfach beiseite und sah in jede Ecke, hinter die Vorhänge und sogar unter das Bett.
    
    "Vater, was ist mit euch?", kam von Klara, obwohl sowohl sie als auch ich ahnten, was los war.
    
    "Mir wurde gesagt, dass aus deinem Zimmer immer wieder männliche Stimmen kommen. Da wollte ich einmal nachsehen, was hier vor sich geht. Du bist verlobt, junge Frau, also ...
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