1. Das Ministerium für Bürgerglück


    Datum: 13.03.2020, Kategorien: CMNF

    ... hämmerte die Furie gegen die verschlossene Zimmertür. „Du Schlampe. Versteck dich ruhig. Ich kriege dich schon.“ Die Frau stand inmitten ihrer auf dem Boden zerstreuten Kleidungsstücke. Sie fühlte sich dreckig. Das polternde Klopfen hörte nicht auf. „Ich werde dich beim Ministerium anzeigen.“ Weinend presste sie sich die Hände auf die Ohren und rannte in die Duschkabine ihres kleinen Bades. Das Prasseln der voll aufgedrehten Dusche übertönte das Klopfen. Heftig verrieb sie eine Übermenge an Duschgel über ihren Körper. Alles geschehene wollte sie von sich abwaschen. Als sie nach dem Abtrocknen wieder aus dem Bad heraus kam, hatte das Klopfen aufgehört. Die Frau zog sich frische Kleidung an und setze sich verstört auf den Sessel, nach dem sie die getragenen Sachen vom Boden weggeräumt hatte.
    
    Nie wieder würde sie so etwas tun. Wie hatte sie nur so die Kontrolle über sich verlieren können? Erneut klopfte es an der Tür. Es war ein anderes Klopfen als zuvor, ruhiger, aber auch bestimmter. Die Frau ignorierte es. Starr schweigend saß sie in ihrem Sessel. Das Klopfen wiederholte sich. Nach einem kurzen Moment der Stille wurde die Tür von Außen geöffnet. Der Rezeptionist trat ein. Seinem verschlafenden Gesicht war anzusehen, dass er gerade aus seinem Schlaf geschellt worden war.
    
    „Mir war doch nur die Tür zugefallen“, sprach die Frau leise aus einer phlegmatischen Körperhaltung heraus. Aufrecht wie ein Scharfrichter stand der Rezeptionist vor ihr. Er hatte Mühe, seine Wut in ...
    ... einem offiziellen Tonfall zu beherrschen. „Sie haben die Gastfreundschaft und das Vertrauen unseres Hotels auf das äußerste Missbraucht.“ Die Frau schüttelte abwehrend den Kopf. „Mir war doch nur die Tür zugefallen.“ Der Rezeptionist zeigte keine Regung. „Wir haben auf den guten Ruf unseres Hotels zu achten. Daher komme ich nicht umhin, die Bezirksordnungsperson von diesem Vorfall zu unterrichten.“
    
    „Aber es ist doch nichts passiert.“ Der Rezeptionist ging zur Tür. „Bis zum Eintreffen der Bezirksordnungsperson werden Sie ihr Zimmer nicht verlassen.“ Dann ging er. Die Frau sprang auf und eilte zur Tür. Sie drückte die Klinke runter, aber die Tür ließ sich nicht öffnen. Sie war eingesperrt.
    
    Noch einmal drückte sie die Klinke herunter. Die Tür bewegte sich nicht. Wie konnte sie so dumm sein? Die Frau begann aufgeregt und wirr durch ihr Zimmer zu laufen. Angestrengt dachte sie darüber nach, wie sie die Situation erklären könnte. Sie wusste keine Antwort. Existenzängste befielen sie. Wie sollte sie ihren Beruf weiter ausüben, wenn es bekannt würde? Welche rechtlichen Konsequenzen würden sich für sie ergeben? Die Frau tippte die Frage in den Foliencomputer auf ihren Ärmel.
    
    Als Antwort erschien ein Hinweisfeld, das die Suchmaschine überlappte. „Bitte wenden Sie sich mit Ihrem Anliegen an das Ministerium für Bürgerglück.“ Sooft sie auch die Frage umformulierte, schaffte sie nicht weiter, als bis zum Aufklappen des Hinweisfeldes. Die Frau setzte sich in den Sessel. Ihr blieb ...
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