1. Karibik (6)


    Datum: 15.06.2020, Kategorien: Kunst,

    ... lassen.
    
    „Was ist denn das Sternum?“ frage ich neugierig. Hagen antwortet:
    
    Das, was beim Menschen das Schambein ist. Das ist aber beim Vogel im Verhältnis viel größer, als beim Menschen und es sieht aus, wie ein Schiffsbug mit scharfem Kiel. Hast du noch nie eine Gans, eine Ente oder eine Pute zerlegt? Das ist der große Knochen an Bauch und Brust. Der Schnabel passt da unten ja überhaupt nicht hin, viel zu groß.“
    
    „Was hat denn ein Vogel da unten?“ will ich noch wissen.
    
    „Na sein Geschlechtsorgan, genau wie du. Ich würde ja den Adler nicht da unten herumzupfen lassen. Dann eher schon mit stolz erhobenem Kopf.“
    
    Der Hagen hat jetzt auch einen stolz erhobenen Kopf. Der ist ja gar kein bisschen mehr schüchtern. Auch nicht mehr rot im Gesicht. Der nimmt sich jetzt sogar einen Schwamm aus Hannes Malerkiste, wischt mir unten an meiner Musch den Schnabel weg und malt mir einen stolz erhobenen Adlerkopf zwischen die Brüste.“ „So sieht das schon besser aus“, sagt er.
    
    Und noch jemand nimmt etwas.
    
    Die Heike. Sie nimmt dem Hagen mächtig übel, dass er jetzt zusammen mit dem nackten Hannes zwischen den gegrätschten Beinen der nackten Demmi steht und mit ihnen über Geschlechtsorgane diskutiert. Heike hat nämlich schnell mitgekriegt, wo sich jetzt ihr Hagen herumtreibt, als sie mal einen Blick aus der Kombüse riskiert hatte. Jetzt steht sie auch genau vor mir, rümpft die Nase und motzt den Hagen an:
    
    „Was bist du nur für ein Mensch, Hagen, was soll ich denn jetzt bloß ...
    ... von dir denken? So eine Schweinerei!“
    
    „Ach ja? Und was denkst du jetzt von mir, Heike?“
    
    „Was ich von dir denke? Ach,…das weiß ich doch auch nicht, aber das ist doch unanständig, was die beiden hier abziehen, findest du das nicht auch, Hagen?“
    
    „Was ist denn daran unanständig, wenn Hannes der Demmi ein Bild auf den Körper malen will und mich fragt, wie ein Seeadler aussieht?“
    
    „Aber die sind doch beide dabei ganz nackt, das ist doch nun wirklich unanständig!“
    
    „Dann bist du also auch auf eine ganz unanständige Weise auf die Welt gekommen, Heike?“
    
    Das war jetzt aber eine ganz böse Provokation.
    
    Heike bleibt die Luft weg, sie wird knallrot und flüchtet in ihre Bugkajüte. Sie hat als Einzelperson die dreieckige Kajüte vorne am Bug erwischt und es ärgert sie ohnehin schon den ganzen Tag, dass sie immer wieder hier, durch unseren FKK-Bereich gehen muss, wenn sie nicht den schwierigen Umweg über das mit Geräten voll gestellte Unterdeck nehmen will.
    
    Mir ist das Ganze jetzt doch ziemlich peinlich und so habe ich das auch bestimmt nicht gewollt. Auch der Hannes guckt ganz betreten.
    
    Ich frage mal vorsichtig: „Du Hagen, weißt du eigentlich, dass die Heike dich sehr, sehr gerne hat? Das glaube ich wenigstens. Sie ist doch immer so besorgt um dich…und eine hübsche Frau ist sie auch…“
    
    „Klar weiß ich das, Demmi. Aber das ist ja das Schlimme! Sie gängelt mich und bevormundet mich, als wäre ich ein kleines Kind. Ich traue mich kaum noch, eine andere Frau anzusehen oder ...
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